Das Senatusconsultum Silanianum
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Schicht war nicht identisch mit der politischen Führungsschicht. Aber
die Kreise überschnitten sich. Dafür ist der Aufsteiger Pedanius Secun-
dus ein Beispiel, aber auch der Jurist und Aristokrat C. Cassius Lon-
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ginus.
3. Die Cassii gehörten zur höchsten Nobilität. Der Caesarmörder hat
ihren Namen unsterblich gemacht. Unser Jurist ist ein Urenkel seines
Bruders.27 28 Er war Konsul im Jahre 30, unter Tiberius29, und von 40 auf
41, am Ende der Regierungszeit Caligulas, Prokonsul von Asia.30 Sein
letztes Amt hat er unter Claudius bekleidet: von 45 bis 49 war Cassius
kaiserlicher Statthalter von Syrien. Diese Statthalterschaft war von
allen die angesehendste, wer sie verwaltete, einer der mächtigsten
Amtsträger des Reichs.31 Jetzt, im Jahre 61, war er in seinem 7.
Lebensjahrzehnt. Was ihn noch erwartete, war die Verbannung durch
27 Aus der umfangreichen biographischen Literatur: Jörs, RE 3 (1899) 1736 f.; Stein,
PIR II2 (1946) C 501; D'Ippolito 19 f.; zuletzt ausführlich Nörr (1984) 2957 f., alle
m. Lit. - Seinen ‘altererbten Reichtum’ hebt Tacitus hervor: ann. 16.7.1; bedeutend
war offenbar auch sein Anwesen: luv. 10.15-18; Plin. epist. 7.24.8.
28 Viele vermuten direkte Abkunft, aber sowohl Tac. ann. 26.7.2 wie Suet. Nero 37.1
und Cass. Dio 59.29.3 lassen diese Möglichkeit gerade offen. Bei dieser Quellenlage
ist von der Regel auszugehen, daß der älteste oder der einzige Sohn den Vornamen
des Vaters trug. Der Jurist war der zweite Sohn des L. Cassius L. f. Longinus, cos.
11 n. Chr. (PIR II2 C 502); dessen Vater Lucius kann mit dem 42 v. Chr. bei Philippi
gefallenen Neffen des Caesarmörders (RE 3 [1899] 1680 s.v. Cassius Nr. 15) identifi-
ziert und darf darum nicht ohne weiteres für dessen zweiten Sohn erklärt werden.
Anders jetzt auch Nörr (1984) 2959 f.
29 Und zwar Suffektkonsul in der zweiten Jahreshälfte. Im selben Jahr war sein älterer
Bruder Lucius (A. 34) ordinarius. Cassius’ Prätur wird nur in den Digesten erwähnt,
von Pomponius D 29.2.99 und Ulpian D 4.6.26.7, indirekt auch von Venuleius
Saturninus D 42.8.11, und gewöhnlich ‘um 27’ angesetzt; vgl. Nörr (1984) 2962.
30 Bei der Neuordnung der Provinzialverfassung im Jahre 27 v. Chr. hatte Augustus
Asia dem Senat überlassen, der jährlich, wie für Africa, aus den Reihen der consula-
res, regelmäßig in einem nicht ganz durchsichtigen Losverfahren, den Statthalter
bestimmte. Das Konsulat mußte bei der Bestellung zum Statthalter fünf Jahre
zurückliegen; tatsächlich aber wurde die Zwischenzeit immer länger. Cassius’ War-
tezeit von neun Jahren lag an der unteren Grenze des inzwischen Üblichen. -
Caligula hat noch kurz vor seiner Ermordung befohlen, Cassius umzubringen; ein
Orakel soll ihn vor ‘Cassius’ gewarnt und er vergessen haben, daß auch Chaerea so
hieß: Suet. 57.3; Cass. Dio 59.29.3.
31 Mommsen, Röm. Geschichte V 447f.; H. Dessau, Gesch. d. röm. Kaiserzeit II 2
(1930) 624 f. Syrien war seit der augusteischen Neuordnung kaiserliche Provinz.
Seine Statthalter, legati Augusti pro praetore, wurden vom Prinzeps meist auf meh-
rere Jahre ernannt (vgl. die Liste bei Honigmann, RE 4 A [1932] 1629). Ihre
Kompetenz umfaßte neben der Zivilverwaltung das Kommando über die gesamten
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Schicht war nicht identisch mit der politischen Führungsschicht. Aber
die Kreise überschnitten sich. Dafür ist der Aufsteiger Pedanius Secun-
dus ein Beispiel, aber auch der Jurist und Aristokrat C. Cassius Lon-
27
ginus.
3. Die Cassii gehörten zur höchsten Nobilität. Der Caesarmörder hat
ihren Namen unsterblich gemacht. Unser Jurist ist ein Urenkel seines
Bruders.27 28 Er war Konsul im Jahre 30, unter Tiberius29, und von 40 auf
41, am Ende der Regierungszeit Caligulas, Prokonsul von Asia.30 Sein
letztes Amt hat er unter Claudius bekleidet: von 45 bis 49 war Cassius
kaiserlicher Statthalter von Syrien. Diese Statthalterschaft war von
allen die angesehendste, wer sie verwaltete, einer der mächtigsten
Amtsträger des Reichs.31 Jetzt, im Jahre 61, war er in seinem 7.
Lebensjahrzehnt. Was ihn noch erwartete, war die Verbannung durch
27 Aus der umfangreichen biographischen Literatur: Jörs, RE 3 (1899) 1736 f.; Stein,
PIR II2 (1946) C 501; D'Ippolito 19 f.; zuletzt ausführlich Nörr (1984) 2957 f., alle
m. Lit. - Seinen ‘altererbten Reichtum’ hebt Tacitus hervor: ann. 16.7.1; bedeutend
war offenbar auch sein Anwesen: luv. 10.15-18; Plin. epist. 7.24.8.
28 Viele vermuten direkte Abkunft, aber sowohl Tac. ann. 26.7.2 wie Suet. Nero 37.1
und Cass. Dio 59.29.3 lassen diese Möglichkeit gerade offen. Bei dieser Quellenlage
ist von der Regel auszugehen, daß der älteste oder der einzige Sohn den Vornamen
des Vaters trug. Der Jurist war der zweite Sohn des L. Cassius L. f. Longinus, cos.
11 n. Chr. (PIR II2 C 502); dessen Vater Lucius kann mit dem 42 v. Chr. bei Philippi
gefallenen Neffen des Caesarmörders (RE 3 [1899] 1680 s.v. Cassius Nr. 15) identifi-
ziert und darf darum nicht ohne weiteres für dessen zweiten Sohn erklärt werden.
Anders jetzt auch Nörr (1984) 2959 f.
29 Und zwar Suffektkonsul in der zweiten Jahreshälfte. Im selben Jahr war sein älterer
Bruder Lucius (A. 34) ordinarius. Cassius’ Prätur wird nur in den Digesten erwähnt,
von Pomponius D 29.2.99 und Ulpian D 4.6.26.7, indirekt auch von Venuleius
Saturninus D 42.8.11, und gewöhnlich ‘um 27’ angesetzt; vgl. Nörr (1984) 2962.
30 Bei der Neuordnung der Provinzialverfassung im Jahre 27 v. Chr. hatte Augustus
Asia dem Senat überlassen, der jährlich, wie für Africa, aus den Reihen der consula-
res, regelmäßig in einem nicht ganz durchsichtigen Losverfahren, den Statthalter
bestimmte. Das Konsulat mußte bei der Bestellung zum Statthalter fünf Jahre
zurückliegen; tatsächlich aber wurde die Zwischenzeit immer länger. Cassius’ War-
tezeit von neun Jahren lag an der unteren Grenze des inzwischen Üblichen. -
Caligula hat noch kurz vor seiner Ermordung befohlen, Cassius umzubringen; ein
Orakel soll ihn vor ‘Cassius’ gewarnt und er vergessen haben, daß auch Chaerea so
hieß: Suet. 57.3; Cass. Dio 59.29.3.
31 Mommsen, Röm. Geschichte V 447f.; H. Dessau, Gesch. d. röm. Kaiserzeit II 2
(1930) 624 f. Syrien war seit der augusteischen Neuordnung kaiserliche Provinz.
Seine Statthalter, legati Augusti pro praetore, wurden vom Prinzeps meist auf meh-
rere Jahre ernannt (vgl. die Liste bei Honigmann, RE 4 A [1932] 1629). Ihre
Kompetenz umfaßte neben der Zivilverwaltung das Kommando über die gesamten