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Wolf, Joseph Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1988, 2. Abhandlung): Das Senatusconsultum Silanianum und die Senatsrede des C. Cassius Longinus aus dem Jahre 61 n. Chr.: vorgetragen am 17. Jan. 1987 — Heidelberg: Winter, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.48153#0016
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Joseph Georg Wolf

Nero32, aus der er, hochbetagt, noch von Vespasian zurückgerufen
wurde.33 Das Ansehen der Cassii hatte in seiner Generation zur Ver-
schwägerung mit dem Kaiserhaus geführt. Der ältere Bruder des Juri-

(Forts. Fußnote 31)
Streitkräfte des Orients, vier Legionen, die in der vielgestaltigen und immer gefähr-
deten Grenzprovinz standen. Cassius hatte allerdings keine Schwierigkeiten: die
Parther waren seit Jahren mit sich selbst beschäftigt und die Städte und Landstriche
Syriens mit den Verhältnissen offenbar zufrieden. Tac. ann. 12.12.1 rühmt ihn aber,
in der Truppe die Disziplin wiederhergestellt (revocare priscum morem) und die
Kriegsfähigkeit der Legionen erneuert zu haben. Seine Nachfolger ließen die Zügel
wieder schleifen. Denn als Domitius Corbulo sechs oder sieben Jahre später gegen
die Parther rüstete (Stein, RE Suppl. 3 [1918] 396f.), waren die beiden ihm über-
wiesenen Legionen wieder heruntergekommen, waren die Legionäre in den Garni-
sonen der leichtlebigen Städte Syriens schon wieder verweichlicht (soviel entnehme
ich dem etwas phantastischen und auch ungenauen Bericht Tac. ann. 13.35; soeben
erst, ann. 11.18.2 f., hatte der immer großartige Corbulo in Gallien die abgeschlaff-
ten Legionen veterem ad morem reduxit). Anders sieht die Zusammenhänge Nörr
(1984) 2966. - Cassius’ Leistungen in Syrien waren nicht spektakulär, aber geeignet,
den ‘ersten Juristen seiner Zeit’ als einen Mann der alten Gesittung vorzustellen.
Der Passus, ann. 12.12.1, lautet: Ea tempestate Cassius ceteros praeminebat peritia
legum: nam militares artes per otium ignotae, industriosque aut ignavos pax in aequo
tenet, ac tamen, quantum sine bello dabatur, revocare priscum morem, exercitare
legiones, cura provisu perinde agere ac si hostis ingrueret: ita dignum maioribus suis
et familia Cassia per illas quoque gentes celebrata. - Dignum maioribus suis war die
Grundforderung der alten Adelsethik; schon bei Cicero bedeutet sie: den mos vetus
zu bewahren und zu erneuern (vgl. etwa Roloff insb. 284ff., 307ff.). Sallust
berichtet, daß Q. Caecilius Metellus, als ihm 109 v. Chr. in Afrika ein herunterge-
kommenes Heer übergeben wurde, sich entschied, non prius bellum adtingere, quam
maiorum disciplina milites laborare coegisset (lug. 44.3); und von Sulla, daß er in
Asia sein Heer contra morem maiorum luxuriose nimisque liberaliter habuerat (Cat.
11.5). Plutarch rühmt L. Aemilius Paulus nach, cos. 182 und 168 v. Chr., daß er die
‘alte militärische Ordnung’ beobachtete und hütete (Aemil. 3).
32 Tac. ann. 16.7-9, 22; Cass. Dio Xiph. 62.27.1; Suet. Nero 37; Pomponius D
1.2.2.52. Als im Jahre 65 die pisonische Verschwörung gegen Nero scheiterte,
wurde sein schon despotisches Regiment (o.A. 4) zur Schreckensherrschaft für alle,
die Ansehen und Einfluß hatten. Cassius, nun schon erblindet, wird (zusammen mit
L. lunius Silanus Torquatus, dem in seinem Hause erzogenen Neffen seiner Frau,
vgl. u. A. 36) vor dem Senat des Hochverrats angeklagt und nach Sardinien ver-
bannt; mit diesem Urteil ist der Einzug seines Vermögens (vgl. o.A. 27) verbunden.
Ein Anklagepunkt ist der Vorwurf, ‘daß er unter den Bildern seiner Vorfahren auch
ein Bildnis des C. Cassius verehre, das die Inschrift trage: Dem Parteiführer’ (Tac.
ann. 16.7.2). Vgl. etwa Hohl, RE Suppl. 3 (1918) 383f.; G. Walter, Nero (Lon-
don 1957) 207f.; E. Cizek, L’epoque de Neron et ses controverses ideologiques
(Leiden 1972) 196 f.; zur Darstellung des Verfahrens durch Tacitus R. S. Rogers,
Tapha 83 (1952) 303 f.; s. außerdem Nörr (1984) 2972f. m. weit. Hinweisen. - Die
 
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