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Wolf, Joseph Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1988, 2. Abhandlung): Das Senatusconsultum Silanianum und die Senatsrede des C. Cassius Longinus aus dem Jahre 61 n. Chr.: vorgetragen am 17. Jan. 1987 — Heidelberg: Winter, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.48153#0037
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Das Senatusconsultum Silanianum

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Auch sein Topos, die fremde Herkunft der Sklaven, war in jedem
Lehrbuch der Rhetorik zu finden.125
Als Kontrast dient ihm die Idylle längst vergangener Zeiten, als
Herren und Sklaven noch zusammen aufwuchsen und der Sklave sei-
nem Herrn noch persönlich verbunden war.126 Ganz geheuer sei der
Sklave aber auch den Vorfahren nicht gewesen. Und umso weniger ist
er es uns heute. Denn mit unseren Sklaven verbindet uns nichts mehr;
sie sind von fremder Herkunft, haben andere Gebräuche und eine
andere oder gar keine Religion - kurzum: ein hergelaufenes Gesindel,
das man nur durch Einschüchterung zügeln kann. Nun wissen wir es
also: die Sklaven selbst sind schuld an diesem Gesetz und kein Senator
braucht sich daraus ein Gewissen zu machen.
9. Das Hauptargument für eine Begnadigung war natürlich die Hin-
richtung Unschuldiger. Dieses Argument konnte Cassius nicht mit Iro-
nie abtun. Er konnte ihm aber auch nicht ausweichen.127 Daß Unschul-
dige getötet werden, war nicht zu leugnen - wenn es bei Cassius auch
nur quidam, nur ‘einige’ sind.128 Darum mußte er versuchen, die Straf-
aktion zu rechtfertigen. Ihr Nutzen soll das Unrecht aufwiegen. Wenn
aus einem geschlagenen Heer jeder Zehnte mit dem Tode bestraft
werde, treffe es auch Tapfere. Das sei nicht zu vermeiden: mit jedem
großen Strafexempel sei Ungerechtigkeit für Einzelne verbunden; sie
werde aber durch den gemeinen Nutzen auf gewogen.129
Die Argumentation folgt Satz für Satz den Anweisungen der Statuslehre.130 Für
die Begnadigung, so müssen wir uns vorstellen, ist vorgetragen worden, daß bei
der Strafaktion Unschuldige hingerichtet würden; das dürfe nicht geschehen, weil

125 Lausberg §§ 438, 376; Quint, inst. 5.10.24: natio, nam et gentibus proprii mores sunt
nec idem in barbaro, Romano, Graeco probabile est.
126 Nörr (1983) 194 stellt heraus, daß Cassius hier „mit dem historischen Wandel
argumentiert.
127 Darum nimmt Cassius in 14.44.4 die argumentatio noch einmal auf: es geht um die
refutatio dieses Arguments.
128 At quidam insontes persibunt. - Insons kommt bei den Juristen nicht vor, wohl aber
sons: ein einziges Mal, bei Venuleius D 21.1.65.1, in einem Zitat aus Cassius!
Allerdings nicht in der Bedeutung ‘schuldig’, sondern ‘schädlich’: Manthe (A. 37)
74 f., 78 f., 81 f. Andererseits kommt bei Tacitus sons nicht selten (in den ann. 5mal)
und insons häufig vor (in den ann. 16mal). Zur Verwendung juristischer Termini
Nörr (1983) 206ff. und o. A. 48.
129 Zur Tradition dieser Sentenz Nörr (1983) 205.
130 Lausberg §§ 79 ff., 139, 149 ff., 230 ff.; Martin 28 ff.; Fuhrmann 99 ff.
 
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