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Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1989, 3. Abhandlung): Der Begriff der Würde im antiken Rom und später: vorgetragen am 10. Mai 1969 — Heidelberg: Winter, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.48158#0012
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Viktor Pöschl

Sinne von ,Würde, Geltung, Ansehen‘, άξίωσις, αξιοπρέπεια sind im
älteren Sprachgebrauch selten, im späteren zumindest teilweise von der
römischen dignitas beeinflußt. Bemerkenswert ist immerhin, was Thu-
kydides den Perikies in der Leichenrede sagen läßt (2,37): „Mit dem
Namen heißt die Verfassung Demokratie, weil sie nicht auf wenige, son-
dern auf eine größere Anzahl ausgerichtet ist. Nach den Gesetzen haben
zwar alle in ihren persönlichen Angelegenheiten gleiches Recht, nach
der Würdigkeit (κατά τήν άξίωσιν) aber genießt jeder, soweit er auf
irgend einem Gebiet in Ansehen steht, in den Angelegenheiten des
Gemeinwesens weniger auf Grund des regelmäßigen Ämterwechsels8
als auf Grund seiner Tüchtigkeit den Vorzug, und auch wenn er arm ist,
aber der Polis etwas Gutes tun kann, ist er durch das Fehlen an Würde
nicht behindert.“9 Bei der Schilderung des Ansehens, das herausra-
gende Politiker genießen, taucht das Wort αξίωμα bei Thukydides
regelmäßig auf, so bei Pausanias (1,134), Themistokles (1,138,2) und
Perikies (2,65,8). In Platons Symposion (220e) berichtet Alkibiades,
daß Sokrates ihn, als er im Kampf verwundet dalag, gerettet habe, und
deshalb habe er verlangt, daß dem Sokrates, und nicht ihm, der Sieges-
preis gegeben werde. Die Feldherrn jedoch hätten ihm in Anbetracht
seiner „Würde“ (προς τό έμόν αξίωμα άποβλεπόντων) den Preis zuge-
teilt, und Sokrates selbst habe das aufs eifrigste unterstützt. Bei Platon
kommt άξίωμα in der Bedeutung von ,Geltung, Ansehen4 nur selten
vor, davon einmal in der Verbindung άξίωμα τής πόλεως (Prot. 337d),
einmal άξίωμα τής φιλοσοφίας (rep. 495 d 4), häufiger bei Demosthe-
nes, zumeist in Verbindungen wie άξίωμα τής πόλεως, των Ελλήνων
(9,43; 9,70; 13,33; 18,65; 18,149; 18,210; 19,260; 20,142; 59,113; 60,24).
Bei Polybios gibt es die ,Würde des Königs4, άξίωμα τοϋ βασιλέως
(25,35).
In der hellenistischen Philosophie, und zwar, wie zu vermuten ist, vor
allem in der Mittleren Stoa, muß άξίωμα bereits aufgetreten sein, um
die Stellung des Menschen im Kosmos und den Rang des Geistes oder
8 Die Deutung der schwierigen Stelle ist umstritten. Ich schließe mich Gomme (A Histori-
cal Commentary of Thucydides, Oxford 1956, 108) an, der erklärt, “not in rotation”,
wobei er dem Oxyrhynchus-Kommentar folgt (ού κατά τό μέρος έπίβαλλον ίσον αύτώ
τής πολιτείας τιμάται). Zu der Stelle auch H. Vretska, Perikies und die Herrschaft des
Würdigsten, RhM 109, 1966, 108-120.
9 Thuk. 2,37: όνομα μέν διά τό μή ές ολίγους άλλ’ ές πλείονας οίκεΐν δημοκρατία κέκλη-
ται, μέτεστι δέ κατά μέν τούς νόμους προς τά ίδια διάφορα πάσι τό ίσον, κατά δέ τήν
άξίωσιν, ώς έκαστος εν τω ευδοκιμεί, ούκ άπό μέρους τό πλεϊον ές τά κοινά ή άπ’
αρετής προτιμάται, ούδ’ αύ κατά πενίαν, έχων δέ τι αγαθόν δράσαι τήν πόλιν άξιώμα-
τος άφανεία κεκώλυται.
 
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