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Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1989, 3. Abhandlung): Der Begriff der Würde im antiken Rom und später: vorgetragen am 10. Mai 1969 — Heidelberg: Winter, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.48158#0021
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Der Begriff der Würde im antiken Rom

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talverbrechen in der Regel nur mit Verbannung bestraft, während den
humiliores die Zwangsarbeit im Bergwerk (metallum) droht, die
schlimmste Strafe nach der Hinrichtung. Paetus Thrasea erklärt, für
einen Senator sei die Verbannung die äußerste Strafe (Dio 62,15, la).
Im 5. Buch der Quinque Libri Sententiarum des Juristen Paulus29 wird
die unterschiedliche Behandlung im einzelnen geschildert. So werden
die honestiores bei bestimmten Formen des Tempelraubes oder der
Brandstiftung verbannt, die humiliores ins Bergwerk geschickt. Bei der
schlimmeren Form der Grabschändung werden die honestiores verbannt
und die humiliores hingerichtet.30 Die Anstifter eines Aufruhrs werden
pro qualitate dignitatis bestraft.31 Wie im Strafrecht werden die Angehö-
rigen eines gehobenen Status auch im Zivilrecht bevorzugt. So wird die
actio de dolo adversus eum qui dignitate excellit (Labeo/Ulpian 4.3.11.1)
nicht zugelassen. Auch den Söhnen oder Freigelassenen, die gegen ihre
Väter oder Patrone prozessieren wollen, wird ein Prozeß verweigert,
weil das den Ruf vernichten würde, aber auch eine Person niederen
Standes kann gegen einen, der durch seine Würde ausgezeichnet ist,
nicht prozessieren, z.B. ein Plebejer gegen einen Consular von aner-
kanntem Prestige, noch darf ein Wüstling oder ein Verschwender oder
einer, der in anderer Weise unwürdig ist, gegen einen Mann, der tadel-
frei ist, prozessieren. So sagt Labeo (Jurist der augusteischen Zeit): et
quibusdam personis non dabitur (actio), ut puta liberis vel libertis adver-
sus parentes patronosve, cum sit famosa, sed nec humili adversus eum qui
dignitate excellit debet dari: puta plebeio adversus consularem receptae
auctoritatis, vel luxurioso atque prodigo aut alias vili adversus hominem
vitae emendatioris, et ita Labeo. Andererseits werden Vergehen von
humiliores gegen honestiores härter bestraft: ein Vergehen wird als
schwer eingestuft entweder nach dem Platz, wo es geschehen ist, nach
der Zeit oder nach der Person, die davon betroffen wurde; so wenn eine
Amtsperson ein Unrecht erlitten hat oder wenn einem Senator von einer
Person niederen Standes Unrecht geschehen ist oder einem Vater oder
einem Patron von Seiten der Kinder oder der Freigelassenen. Das Ver-
gehen wird anders eingestuft, wenn ein Senator, ein Vater oder ein
29 Das Werk stammt jedoch nicht, wie man lange glaubte, von Paulus selbst, der unter
Severus Alexander (222 bis 235) wirkte, sondern wurde vermutlich erst Ende des 3. Jh.
zusammengestellt, vgl. E. Levy, Paulus und der Sentenzenverfasser, Savignyzeitschrift
50, 1930, 272ff.
30 Paulus a.a.O. 19. 19a. 20. 23.
31 Paulus a.a.O. 22: Auctores seditionis et tumultus uel concitatores populi pro qualitate
dignitatis aut in crucem tolluntur aut bestiis obiciuntur aut in insulam deportantur.
 
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