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Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1989, 3. Abhandlung): Der Begriff der Würde im antiken Rom und später: vorgetragen am 10. Mai 1969 — Heidelberg: Winter, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.48158#0029
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Der Begriff der Würde im antiken Rom

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Auch bestimmte Musikinstrumente, z.B. Trompeten, konnten im Mit-
telalter und weit darüber hinaus Standespersonen, Städten und Institu-
tionen besonderes Ansehen verleihen.48
Eine Kulturgeschichte unter dem Gesichtspunkt der Würde wäre noch
zu schreiben. Die Stoffülle ist immens. Kunstvolle Erhöhung spielt dabei
eine entscheidende Rolle. Wie prachtvoll ist beispielsweise in der bilden-
den Kunst manche Mutter Gottes gekleidet, die doch eine schlichte Frau
gewesen ist. Auf weite Strecken der italienischen Dichtung sind alle schö-
nen Frauen blond usw. Idealisierung kennt keine Grenzen. Wie maßvoll
nehmen sich dagegen die diesbezüglichen Vorschriften Ciceros aus, der
sich hier in den Spuren des Panaitios und der griechischen Maßethik
bewegt. In Körperpflege und Kleidung, so meint er, gelte es die rechte
Mitte zu finden zwischen Stutzertum und Vernachlässigung (off.
1,129ff.). Auch beim Gehen muß man auf das richtige Tempo achten.
Man darf weder langsam und feierlich schreiten wie in einer Prozession
noch so schnell, daß man außer Atem gerät und das Gesicht verzerrt:
cavendum autem est, ne aut tarditatibus utamur in ingressu mollioribus, ut
pomparum ferculis similes esse videamur, aut in festinationibus suscipia-
mus nimias celeritates, quae cum fiunt, anhelitus moventur, vultus mutan-
tur, ora torquentur (off. 1,131). Vornehme Personen schreiten anders als
Sklaven: liberos homines per urbem modico magis par est gradu ire, servile
esse duco festinantem currere (Plaut. Poen. 522ff.).49
Würde ist geboten für die repräsentativen Werke der römischen
Kunst50, die historischen Reliefs, die Münzen, die Portraits, die Statuen,
die römische Staatsarchitektur, Stil und Form der römischen Inschriften.
Die römischen Schriftzeichen, wie sie die monumentalen Marmor-
inschriften der Kaiserzeit seit Augustus darbieten, sind ein besonders
eindrucksvolles Zeugnis römischer dignitas. Von ihnen könnte man
sagen, was Goethe zur römischen Schrift bemerkte, daß in ihr „Geist,
Wort und Schrift zusammengekörpert“ seien.
48 Sabine Zak, Musik als „Ehr und Zier“ im mittelalterlichen Reich. Studien zur Musik im
höfischen Leben, Recht und Zeremoniell, Neuss 1979.
49 Hierzu erwähnt G. Maurach in seinem Kommentar zum Poenulus des Plautus (Heidel-
berg 1975, S. 245) Plato Charm. 159b, Cicero fin. 3,56, Sen. ep. 40,14. 66,5. Weitere
Beispiele bei W. G. Arnott,The Authorof theGreek Original ofthe Poenulus, Rh. Mus.
102,1959,259, Anm. 24. Vgl. auch Quintilian Inst. or. 11,3,112: „In den Bühnenstücken
ist der Gang der jungen Männer, Greise, Soldaten und Hausfrauen gewichtiger, Sklaven,
junge Mägde, Parasiten und Fischer bewegen sich schneller.“ Der langsame Gang findet
sich auch in der Charakteristik des Großgesinnten bei Aristoteles.
511 Zur Charakterisierung der Statusunterschiede im weitesten Sinn, wie sie sich in Gestik
und Körpersprache der römischen Bildkunst darstellen, s. R. Brilliant.
 
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