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Viktor Pöschl
videndum est, patres conscripti, ne plus apud vos valeat P. Lentuli et cete-
rorum scelus quam vostra dignitas .. . (51,6). Dementsprechend faßt
Florus (epit. 4,1,10) die gegensätzlichen Strafanträge mit den Worten
zusammen: de supplicio agentibus Caesar parcendum dignitati, Cato ani-
madvertendum pro scelere censebant. Der Antrag auf Todesstrafe ist,
wie Caesar weiter ausführt, unrömisch: sententia mihi non crudelis, sed
aliena a re publica nostra videtur (51,17). Mit ganz ähnlicher Begrün-
dung lehnt Cicero in der Rabiriusrede die Todesstrafe als unrömisch ab.
Schon ihre Erwähnung, sagt er, ist eines römischen Bürgers und eines
freien Menschen unwürdig.44 Hier sind wir schon ganz nahe beim
modernen Begriff der Menschenwürde, mit der für die Antike bezeich-
nenden Einschränkung freilich, daß sie sich nur auf die Freien bezieht.
Dignitas ist also ein römischer Lebensbegriff, der im politischen
Bereich beheimatet ist und eine starke moralische Färbung hat. Doch
fehlt auch das ästhetische Moment nicht. Dignitas ist von Repräsenta-
tion nicht zu trennen. Sie zeigt sich im äußeren Auftreten45, in den Rang-
abzeichen der Würdenträger46, in der großen Schar von Klienten, die
den Römer auf das Forum begleitet47, in Gebärde und Haltung, Klei-
dung und Lebensform. Cicero gibt detaillierte Vorschriften für die
äußere Erscheinung, die durch dignitas ausgezeichnet sein muß (off.
l,129ff.). In einem Brief (1,14) empfiehlt der jüngere Plinius einem
Freund einen angesehenen Senator als Schwiegersohn. Dabei lobt er an
ihm liberalis facies und quidam senatorius decor, „seine vornehme
Erscheinung“ und „eine gewisse gewinnende senatorische Würde“.
Decor ist hier wie oft fast ein Synonym von dignitas. Die Forderung, daß
bei einem Menschen von Rang Tracht, Kostümierung, Frisur und alles
Äußere auf Würde abgestimmt sein müssen, geht durch alle Zeiten.
44 Cic. Rab. 16: mors denique si proponitur, in libertate moriamur, carnifex vero et obduc-
tio capitis et nomen ipsum crucis absit non modo a corpore civium Romanorum sed etiam
a cogitatione oculis auribus, harum enim omnium rerum non solum eventus atque perpes-
sio sed etiam conditio expectatio mentio ipsa denique indigna cive Romano atque homine
libero est.
45 Ciceros dignitas verlangt, daß sein Sohn Marcus in Athen entsprechend auftreten kann,
und er bittet seinen Freund Atticus, ihm die hierzu nötigen Geldmittel zur Verfügung zu
stellen: id cum ad officium nostrum pertinet tum ad existimationem et dignitatem (Att.
14,7,2). Der junge Horaz wurde wie der Sohn eines Ritters oder Senators eingekleidet
und von Sklaven begleitet von seinem Vater zur Schule geschickt (Hör. sat. 1,6,76ff.)
46 Cic. Verr. 5,39: fascis ac securis et tantam imperii vim tantamque ornamentorum
omnium dignitatem.
47 Magnam adfert opinionem, magnam dignitatem cotidiana in deducendo frequentia
(Quintus Cicero, comm. pet. 36).
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videndum est, patres conscripti, ne plus apud vos valeat P. Lentuli et cete-
rorum scelus quam vostra dignitas .. . (51,6). Dementsprechend faßt
Florus (epit. 4,1,10) die gegensätzlichen Strafanträge mit den Worten
zusammen: de supplicio agentibus Caesar parcendum dignitati, Cato ani-
madvertendum pro scelere censebant. Der Antrag auf Todesstrafe ist,
wie Caesar weiter ausführt, unrömisch: sententia mihi non crudelis, sed
aliena a re publica nostra videtur (51,17). Mit ganz ähnlicher Begrün-
dung lehnt Cicero in der Rabiriusrede die Todesstrafe als unrömisch ab.
Schon ihre Erwähnung, sagt er, ist eines römischen Bürgers und eines
freien Menschen unwürdig.44 Hier sind wir schon ganz nahe beim
modernen Begriff der Menschenwürde, mit der für die Antike bezeich-
nenden Einschränkung freilich, daß sie sich nur auf die Freien bezieht.
Dignitas ist also ein römischer Lebensbegriff, der im politischen
Bereich beheimatet ist und eine starke moralische Färbung hat. Doch
fehlt auch das ästhetische Moment nicht. Dignitas ist von Repräsenta-
tion nicht zu trennen. Sie zeigt sich im äußeren Auftreten45, in den Rang-
abzeichen der Würdenträger46, in der großen Schar von Klienten, die
den Römer auf das Forum begleitet47, in Gebärde und Haltung, Klei-
dung und Lebensform. Cicero gibt detaillierte Vorschriften für die
äußere Erscheinung, die durch dignitas ausgezeichnet sein muß (off.
l,129ff.). In einem Brief (1,14) empfiehlt der jüngere Plinius einem
Freund einen angesehenen Senator als Schwiegersohn. Dabei lobt er an
ihm liberalis facies und quidam senatorius decor, „seine vornehme
Erscheinung“ und „eine gewisse gewinnende senatorische Würde“.
Decor ist hier wie oft fast ein Synonym von dignitas. Die Forderung, daß
bei einem Menschen von Rang Tracht, Kostümierung, Frisur und alles
Äußere auf Würde abgestimmt sein müssen, geht durch alle Zeiten.
44 Cic. Rab. 16: mors denique si proponitur, in libertate moriamur, carnifex vero et obduc-
tio capitis et nomen ipsum crucis absit non modo a corpore civium Romanorum sed etiam
a cogitatione oculis auribus, harum enim omnium rerum non solum eventus atque perpes-
sio sed etiam conditio expectatio mentio ipsa denique indigna cive Romano atque homine
libero est.
45 Ciceros dignitas verlangt, daß sein Sohn Marcus in Athen entsprechend auftreten kann,
und er bittet seinen Freund Atticus, ihm die hierzu nötigen Geldmittel zur Verfügung zu
stellen: id cum ad officium nostrum pertinet tum ad existimationem et dignitatem (Att.
14,7,2). Der junge Horaz wurde wie der Sohn eines Ritters oder Senators eingekleidet
und von Sklaven begleitet von seinem Vater zur Schule geschickt (Hör. sat. 1,6,76ff.)
46 Cic. Verr. 5,39: fascis ac securis et tantam imperii vim tantamque ornamentorum
omnium dignitatem.
47 Magnam adfert opinionem, magnam dignitatem cotidiana in deducendo frequentia
(Quintus Cicero, comm. pet. 36).