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Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1989, 3. Abhandlung): Der Begriff der Würde im antiken Rom und später: vorgetragen am 10. Mai 1969 — Heidelberg: Winter, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.48158#0055
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Der Begriff der Würde im antiken Rom

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sehen . .. bloß als Mittel, sondern muß jederzeit zugleich als Zweck
gebraucht werden, und darin besteht eben seine Würde ... (VI462). In
den Vorlesungen Über Pädagogik, zuerst gehalten im WS 1776/77, ver-
öffentlicht 1803, heißt es über die Pflichten gegen sich selbst, es komme
darauf an, „daß der Mensch in seinem Inneren eine gewisse Würde
habe, die ihn vor allen Geschöpfen adelt, und seine Pflicht ist es, diese
Würde der Menschheit in seiner eigenen Person nicht zu verleugnen.“
Der Mensch steht hier allerdings nicht mehr wie bei Panaitios, Posei-
donios, Cicero, Gregor von Nyssa, Boethius und Pico della Mirandola in
einer großen kosmischen Ordnung, innerhalb derer ihm ein bestimmter
Rang und eine bestimmte Aufgabe zugewiesen ist, noch steht er in einer
staatlichen und sozialen Gemeinschaft, sondern der Einzelne erringt die
innere dignitas, indem der physische Mensch sich dem moralischen
unterwirft. Der moralische Aspekt der römischen dignitas erscheint hier
losgelöst von allen politischen, sozialen und kosmischen Zusammenhän-
gen neu erstanden.
Was Antoine de Saint-Exupery in seinem 1939 erschienenen Buche
Terre des hommes (deutsche Übersetzung: Wind, Sand und Sterne)
berichtet, nimmt sich aus wie eine späte Erinnerung an den hohen
Begriff der Menschenwürde, wie ihn Kant in teilweisem Anschluß an die
klassische Antike geprägt hatte: Ein Flieger in den Anden habe im
Schneesturm notlanden müssen und eine Woche lang gegen die Gewal-
ten des Hochgebirges gekämpft und dann geäußert: „Was ich getan
habe, ich schwöre es dir, kein Tier hätte es fertiggebracht.“ Dazu
bemerkt Saint-Exupery: „Das ist der großartigste Satz, den ich gehört
habe, dieser Satz, der dem Menschen seinen Platz anweist, der ihn ehrt,
der die wahren Rangordnungen wiederherstellt.“ Cette phrase, la plus
noble que je connaisse, cette phrase qui situe l’homme, qui I’honore, qui
retablit des hi0rarchies vraies.118
Hinsichtlich der Möglichkeit, die ,innere Würde‘ zu gewinnen, sind
nach Kant (wie nach der christlichen Vorstellung) alle Menschen gleich.
Auf die politischen Folgen, die sich daraus ergeben, ist Kant m. W. nicht
näher eingegangen. Doch erscheint bei Schiller im Don Carlos, den er
1787 vollendete, die Menschenwürde in einem politischen Zusammen-
hang in dem berühmten Gespräch zwischen König Philipp und Marquis
Posa:

118 Mario Wandruszka erwähnt die Episode in dem Kapitel „Noblesse als Menschen-
würde“ seines Buches: Der Geist der französischen Sprache, Reinbek 1959 (rde 85).
 
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