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Viktor Pöschl
Menschen, von seiner Vernunft und von seinem Sinn für Würde gefor-
dert sind“: e consideratione simpliciter humana secundum illas praemis-
sas ex ipsa hominis experientia, ex eius intellectu et ex eius sensu dignitatis
exortas. In der Enzyklika Dominum et vivificantem vom Pfingstfest des
Jahres 1986127 beruft er sich auf die Pastoralkonstitution Gaudium et
spes128 und zitiert daraus unter anderem folgende Sätze: „Was immer die
menschliche Würde beleidigt, wie untermenschliche Lebensbedingun-
gen, willkürliche Verhaftungen, Verschleppungen, Sklaverei, Prostitu-
tion, Mädchenhandel, Handel mit Jugendlichen, auch unwürdige
Arbeitsbedingungen, Bedingungen, bei denen die Arbeiter als bloße
Werkzeuge des Erwerbs, nicht als freie und verantwortungsvolle Perso-
nen behandelt werden - all diese und ähnliche Dinge sind schändlich,
und indem sie die menschliche Zivilisation vergiften, entwürdigen sie
weit mehr jene, die sich so verhalten, als jene, die das Unrecht erlei-
den“: quaecumque humanam dignitatem offendunt, ut infrahumanae
vivendi condiciones, arbitrariae incarcerationes, deportationes, servitus,
prostitutio, mercatus mulierum et iuvenum, condiciones quoque laboris
ignominiosae, quibus operarii ut mera quaestus instrumenta non ut libe-
rae et responsabiles personae tractantur: haec omnia et alia huiusmodi
probra turpia sunt ac dum civilisationem humanam inficiunt, magis eos
inquinant qui sic se gerunt quam eos qui iniuriam patiuntur. All diesen
Erklärungen, dem ganzen Kampf um die Bewahrung der Menschen-
würde liegt die Erfahrung zugrunde, daß sie immer bedroht ist und
immer verletzt wird. Durch den weltweiten Triumph der technischen
Zivilisation ist die Bedrohung, die Gefahr der Entmenschlichung des
Menschen ins Ungeheure gewachsen. Sehr pessimistisch äußert sich
C. J. Burckhardt über die heutige Situation:129 „Was geht nicht täglich
von unseren höchsten Werten aus allen wahrhaft geistigen Gebieten rei-
ßend schnell dem Nichts entgegen! Alles verroht. .. . Unser Geschlecht
erhebt die Würdelosigkeit zum Ziel.“ Ich darf hier auch einige nachden-
kenswerte Sätze von Robert Spaemann zitieren:130 „Menschenwürde
stellt sich in allen traditionellen Kulturen auf irgendeine Art dar. Die
127 AAS 78, 1986, 860.
128 AAS 58, 1966, 1047f. Vgl. auch O. Höffe (Hrsg.), Johannes Paul II. und die Men-
schenrechte, Fribourg, Paris 1981. Frühere päpstliche Äußerungen zur Menschen-
würde: H. Schnatz, Päpstliche Verlautbarungen zu Staat und Gesellschaft, Darmstadt
1973.
129 C. J. Burckhardt, Briefe aus seinen letzten Jahren, 1977, 41 ff. (Brief an Robert Boeh-
ringer).
130 R. Spaemann 1988, 711.
Viktor Pöschl
Menschen, von seiner Vernunft und von seinem Sinn für Würde gefor-
dert sind“: e consideratione simpliciter humana secundum illas praemis-
sas ex ipsa hominis experientia, ex eius intellectu et ex eius sensu dignitatis
exortas. In der Enzyklika Dominum et vivificantem vom Pfingstfest des
Jahres 1986127 beruft er sich auf die Pastoralkonstitution Gaudium et
spes128 und zitiert daraus unter anderem folgende Sätze: „Was immer die
menschliche Würde beleidigt, wie untermenschliche Lebensbedingun-
gen, willkürliche Verhaftungen, Verschleppungen, Sklaverei, Prostitu-
tion, Mädchenhandel, Handel mit Jugendlichen, auch unwürdige
Arbeitsbedingungen, Bedingungen, bei denen die Arbeiter als bloße
Werkzeuge des Erwerbs, nicht als freie und verantwortungsvolle Perso-
nen behandelt werden - all diese und ähnliche Dinge sind schändlich,
und indem sie die menschliche Zivilisation vergiften, entwürdigen sie
weit mehr jene, die sich so verhalten, als jene, die das Unrecht erlei-
den“: quaecumque humanam dignitatem offendunt, ut infrahumanae
vivendi condiciones, arbitrariae incarcerationes, deportationes, servitus,
prostitutio, mercatus mulierum et iuvenum, condiciones quoque laboris
ignominiosae, quibus operarii ut mera quaestus instrumenta non ut libe-
rae et responsabiles personae tractantur: haec omnia et alia huiusmodi
probra turpia sunt ac dum civilisationem humanam inficiunt, magis eos
inquinant qui sic se gerunt quam eos qui iniuriam patiuntur. All diesen
Erklärungen, dem ganzen Kampf um die Bewahrung der Menschen-
würde liegt die Erfahrung zugrunde, daß sie immer bedroht ist und
immer verletzt wird. Durch den weltweiten Triumph der technischen
Zivilisation ist die Bedrohung, die Gefahr der Entmenschlichung des
Menschen ins Ungeheure gewachsen. Sehr pessimistisch äußert sich
C. J. Burckhardt über die heutige Situation:129 „Was geht nicht täglich
von unseren höchsten Werten aus allen wahrhaft geistigen Gebieten rei-
ßend schnell dem Nichts entgegen! Alles verroht. .. . Unser Geschlecht
erhebt die Würdelosigkeit zum Ziel.“ Ich darf hier auch einige nachden-
kenswerte Sätze von Robert Spaemann zitieren:130 „Menschenwürde
stellt sich in allen traditionellen Kulturen auf irgendeine Art dar. Die
127 AAS 78, 1986, 860.
128 AAS 58, 1966, 1047f. Vgl. auch O. Höffe (Hrsg.), Johannes Paul II. und die Men-
schenrechte, Fribourg, Paris 1981. Frühere päpstliche Äußerungen zur Menschen-
würde: H. Schnatz, Päpstliche Verlautbarungen zu Staat und Gesellschaft, Darmstadt
1973.
129 C. J. Burckhardt, Briefe aus seinen letzten Jahren, 1977, 41 ff. (Brief an Robert Boeh-
ringer).
130 R. Spaemann 1988, 711.