Die Herausforderung
Auf kaum einem Sektor entgleitet der Komplex des Machbaren so
rasch dem theoretischen Zugriff wie auf dem der modernen Medien.
Der Anblick der mit ihrem „Walkman“ fast schon symbiotisch „verwach-
senen“ Jugendlichen oder die Berichte über die von Aids-Ängsten
bewirkte Verlagerung sexueller Triebbefriedigung auf das Feld der
„messagerie“ lassen schon aufgrund einer geringfügigen Extrapolation
erkennen, wohin die Reise geht. Um so dringlicher ist die Frage nach
dem Schlüssel zur gegenwärtigen Medienszene.
Auf den Lösungsweg führt die von Hartmut von Hentig vertretene
These von dem medienbedingten Wirklichkeitsentzug, die, in ihre Kon-
sequenz ausgezogen, die Medien als die großen Angsterreger der Ge-
genwart denunziert und sie, radikaler noch, eines „strukturellen Atheis-
mus“ bezichtigt.1 Voraussetzung dessen wäre freilich nicht nur die
Einsicht, daß jeder Wirklichkeitsverlust angsterregend wirkt, sondern
daß er auch dem auf Fühlung der Gotteswirklichkeit ausgehenden reli-
giösen Akt diametral entgegensteht, oder nun, zusammenfassend ge-
sprochen, daß die Angst als der eigentliche Gegensatz von Gebet und
Glaube zu gelten hat.2 Wenn es sich aber so verhält, geht von der moder-
nen Medienszene die schwerste Herausforderung der Theologie aus, der
sie sich schon im Blick auf ihre Mitverantwortung für das Umfeld des
Glaubens zu stellen hat.
Der heuristische Wert dieser Annahme besteht darin, daß sie der
Theologie die nachgerade irritierende Verdoppelung dieser Provoka-
tion zum Bewußtsein bringt. Denn neu ist lediglich die Intensität, nicht
die Art der Herausforderung, da sich diese schon prinzipiell aus der Stel-
lung des Christentums im Kreis der Schriftreligionen ergibt.3
1 H. von Hentig, Das allmähliche Verschwinden der Wirklichkeit, München und Wien
1984.
2 Dazu mein Beitrag , Angst als Wurzel des Unglaubens1, in: Logotherapie 4 (1989) 41-54.
3 Dazu Günter Lanczkowski, Heilige Schriften. Inhalt, Textgestalt und Überlieferung,
Stuttgart 1956; ferner der titelgleiche Artikel von Carsten Colpe, in: Lexikon für An-
tike und Christentum II, 184-223.
Auf kaum einem Sektor entgleitet der Komplex des Machbaren so
rasch dem theoretischen Zugriff wie auf dem der modernen Medien.
Der Anblick der mit ihrem „Walkman“ fast schon symbiotisch „verwach-
senen“ Jugendlichen oder die Berichte über die von Aids-Ängsten
bewirkte Verlagerung sexueller Triebbefriedigung auf das Feld der
„messagerie“ lassen schon aufgrund einer geringfügigen Extrapolation
erkennen, wohin die Reise geht. Um so dringlicher ist die Frage nach
dem Schlüssel zur gegenwärtigen Medienszene.
Auf den Lösungsweg führt die von Hartmut von Hentig vertretene
These von dem medienbedingten Wirklichkeitsentzug, die, in ihre Kon-
sequenz ausgezogen, die Medien als die großen Angsterreger der Ge-
genwart denunziert und sie, radikaler noch, eines „strukturellen Atheis-
mus“ bezichtigt.1 Voraussetzung dessen wäre freilich nicht nur die
Einsicht, daß jeder Wirklichkeitsverlust angsterregend wirkt, sondern
daß er auch dem auf Fühlung der Gotteswirklichkeit ausgehenden reli-
giösen Akt diametral entgegensteht, oder nun, zusammenfassend ge-
sprochen, daß die Angst als der eigentliche Gegensatz von Gebet und
Glaube zu gelten hat.2 Wenn es sich aber so verhält, geht von der moder-
nen Medienszene die schwerste Herausforderung der Theologie aus, der
sie sich schon im Blick auf ihre Mitverantwortung für das Umfeld des
Glaubens zu stellen hat.
Der heuristische Wert dieser Annahme besteht darin, daß sie der
Theologie die nachgerade irritierende Verdoppelung dieser Provoka-
tion zum Bewußtsein bringt. Denn neu ist lediglich die Intensität, nicht
die Art der Herausforderung, da sich diese schon prinzipiell aus der Stel-
lung des Christentums im Kreis der Schriftreligionen ergibt.3
1 H. von Hentig, Das allmähliche Verschwinden der Wirklichkeit, München und Wien
1984.
2 Dazu mein Beitrag , Angst als Wurzel des Unglaubens1, in: Logotherapie 4 (1989) 41-54.
3 Dazu Günter Lanczkowski, Heilige Schriften. Inhalt, Textgestalt und Überlieferung,
Stuttgart 1956; ferner der titelgleiche Artikel von Carsten Colpe, in: Lexikon für An-
tike und Christentum II, 184-223.