Das Burushaski
19
Sichtspunkt waltet, nichts beitragen können. Hier kommt nun eine uner-
wartete Hilfe von den geographisch und typologisch ganz entfernten po-
lynesischen Sprachen, von denen ich hier zur Illustration das Hawaiische
heranziehe. Hier findet sich das System der Unterscheidung von natürli-
chem und konventionellem Besitz in der Weise umgestaltet, daß dem
durch o bezeichneten untrennbaren Besitz auch eine Bezeichung des
trennbaren Besitzes durch a gegenübersteht, so daß der gesamte Be-
stand von Substantiven in zwei Teile, die a- und die o-Klasse zerfällt. Die
Verteilung ist gegenüber dem Burushaski etwas verschoben und hat Sa-
muel E. Elbert, den augenblicklich besten Kenner des Hawaiischen,
dazu veranlaßt, in erster Linie zwischen „vererbt“ und „erworben“ zu
unterscheiden.13 Neben den Körperteilen sind demnach auch Bezeich-
nungen für Kleider, Haus, Landbesitz, Kanus und Äxte o-Wörter, wäh-
rend unter den Verwandtschaftsnamen Ehemann oder -frau, Kind, En-
kel, Schwiegersohn, Freundin u. a. als „erworben“ «-Wörter sind. Dop-
pelzugehörigkeit kommt vor und weist oft auf feine Unterschiede in der
Auffassung, wenn z.B. malihim „Besucher“ mit o-Genitiv „Gast“ be-
deutet oder leo „Laut, Melodie, Botschaft“ als o-Wort „Stimme“. Die-
selbe Unterscheidung findet sich im Hawaiischen auch bei Verben,und
zwar anders als im Bur. nur dann, wenn diese als Verbalnomen verwen-
det werden und bleibt demnach formal eine rein nominale. Sie deckt sich
auch inhaltlich nicht ganz mit der des Burushaski, entspricht ihr aber im
wesentlichen. «-Verben, also die, denen im Burushaski die präfixlosen
Formen entsprechen, werden als „freiwillig, absichtlich“ definiert, und
damit sind im Hawaiischen, das keine ergativische Auffassung hat, in
erster Linie, aber nicht ausschließlich transitive Verben gemeint; die o-
Klassifikation, die den Formen mit Präfixen im Burushaski entspre-
chen, findet sich bei den meisten, aber nicht allen Intransitiva. Man sagt
also beispielsweise bei Intransitiva ka heihei a käkou „unser Wettren-
nen“ (freiwillig-beabsichtigt), aber ika pö ’ana o ka lä „bei Einbruch der
Nacht“, wörtlich „beim Dunkelwerden des Tages“ (unbeabsichtigt), bei
Transitiva ka käkau ’ana a mäkou „euer Schreiben“ (freiwillig), aber ka
nalowale ’ana o na leho „das Verlieren der Cowriemuscheln“ (unfreiwil-
lig).14 Das Hawaiische parallelisiert also durch den «-Vokal selbst erwor-
bene Menschen und Gegenstände mit beabsichtigten freien Taten,
durch den o-Vokal die ererbten Menschen und Gegenstände mit unbe-
absichtigten, ohne eigenes Zutun ablaufenden Handlungen, so wie das
13 S. H. Elbert, Hawaiian Grammar (1970), p. 137ff.
14 Elbert a. a. O., p. 140f.
19
Sichtspunkt waltet, nichts beitragen können. Hier kommt nun eine uner-
wartete Hilfe von den geographisch und typologisch ganz entfernten po-
lynesischen Sprachen, von denen ich hier zur Illustration das Hawaiische
heranziehe. Hier findet sich das System der Unterscheidung von natürli-
chem und konventionellem Besitz in der Weise umgestaltet, daß dem
durch o bezeichneten untrennbaren Besitz auch eine Bezeichung des
trennbaren Besitzes durch a gegenübersteht, so daß der gesamte Be-
stand von Substantiven in zwei Teile, die a- und die o-Klasse zerfällt. Die
Verteilung ist gegenüber dem Burushaski etwas verschoben und hat Sa-
muel E. Elbert, den augenblicklich besten Kenner des Hawaiischen,
dazu veranlaßt, in erster Linie zwischen „vererbt“ und „erworben“ zu
unterscheiden.13 Neben den Körperteilen sind demnach auch Bezeich-
nungen für Kleider, Haus, Landbesitz, Kanus und Äxte o-Wörter, wäh-
rend unter den Verwandtschaftsnamen Ehemann oder -frau, Kind, En-
kel, Schwiegersohn, Freundin u. a. als „erworben“ «-Wörter sind. Dop-
pelzugehörigkeit kommt vor und weist oft auf feine Unterschiede in der
Auffassung, wenn z.B. malihim „Besucher“ mit o-Genitiv „Gast“ be-
deutet oder leo „Laut, Melodie, Botschaft“ als o-Wort „Stimme“. Die-
selbe Unterscheidung findet sich im Hawaiischen auch bei Verben,und
zwar anders als im Bur. nur dann, wenn diese als Verbalnomen verwen-
det werden und bleibt demnach formal eine rein nominale. Sie deckt sich
auch inhaltlich nicht ganz mit der des Burushaski, entspricht ihr aber im
wesentlichen. «-Verben, also die, denen im Burushaski die präfixlosen
Formen entsprechen, werden als „freiwillig, absichtlich“ definiert, und
damit sind im Hawaiischen, das keine ergativische Auffassung hat, in
erster Linie, aber nicht ausschließlich transitive Verben gemeint; die o-
Klassifikation, die den Formen mit Präfixen im Burushaski entspre-
chen, findet sich bei den meisten, aber nicht allen Intransitiva. Man sagt
also beispielsweise bei Intransitiva ka heihei a käkou „unser Wettren-
nen“ (freiwillig-beabsichtigt), aber ika pö ’ana o ka lä „bei Einbruch der
Nacht“, wörtlich „beim Dunkelwerden des Tages“ (unbeabsichtigt), bei
Transitiva ka käkau ’ana a mäkou „euer Schreiben“ (freiwillig), aber ka
nalowale ’ana o na leho „das Verlieren der Cowriemuscheln“ (unfreiwil-
lig).14 Das Hawaiische parallelisiert also durch den «-Vokal selbst erwor-
bene Menschen und Gegenstände mit beabsichtigten freien Taten,
durch den o-Vokal die ererbten Menschen und Gegenstände mit unbe-
absichtigten, ohne eigenes Zutun ablaufenden Handlungen, so wie das
13 S. H. Elbert, Hawaiian Grammar (1970), p. 137ff.
14 Elbert a. a. O., p. 140f.