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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Heger, Klaus [Gefeierte Pers.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0171
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IV. Die diachronische Perspektive

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Von einem französischen parce que, avant que etc. bleibt in der Regel
nur ein parce oder avant übrig:
- Tu pouvais dire c’était un monde24 parce c’était de la viande., tu pouvais plus
dire qui c’était
(„Du konntest sagen, daß es ein Mensch war, weil es Fleisch war. Du konntest
nicht mehr sagen, wer es war“ (von einer Wasserleiche). - Stäbler, S. 201).
- ’n a quelqu’un qui la prend avant! avant tu la payes
(„Es gibt jemand, der sie [dir] wegnimmt, bevor du sie bezahlst“ - Stäbler,
S. 204).
Am Anfang der romanischen Schriftlichkeit können wir also, sei es im
Italienischen, sei es im Rätoromanischen, eine Verschiebung von Junk-
tions-Techniken in Richtung auf integrativere Lösungen beobachten.
Ähnliches gilt für das spät verschriftlichte Judenspanische, etwa den
Me’am Lo’ez des Jakob Kuli, wo wir kausales siendo neben siendo que
finden25. Dagegen ist bei der mündlichen Variante des Französischen,
die das Cadien darstellt (sie wurde bis jetzt nie verschriftlicht, die Bei-
spiele sind Transkripte der Verfasserin), eine umgekehrte Verschiebung
integrativerer Techniken des Französischen in Richtung auf den Pol der
Aggregation festzustellen. Dabei sind die Lösungen des français cadien
z.T nahe bei denen einer auf dem Französischen basierenden Kreol-
sprache, wo typischerweise das französische que (basilektal) nicht vor-
handen ist. Ein besonders anschaulicher Fall ist die Folge-Relation. Das
erste Beispiel - aus dem français cadien - enthält dieselbe Erscheinung
zweimal, einmal bei tellement und nochmals bei tandis. Das zweite und
das dritte Beispiel sind ganz normale Fälle aus dem Kreol von Guade-
loupe:

24 Über du monde ,Leute1 kommt monde zu der Bedeutung ,Mensch1 als Singular von
,Leute1. Dies ist auch in vielen Kreolsprachen so.
25 Vgl. z. B. Ma siendo elyos ya estän sirkusidos, no nos podemos igualar sola mente kon
sirkusirnos („Aber da sie schon beschnitten sind, können wir uns ihnen nicht nur da-
durch gleichstellen, daß wir uns beschneiden“) mit: I no detardö el moso de azer la kosa
siendo ke enbeluntö en ika de Yaaqob („Und der junge Mann zögerte nicht, dies zu tun,
weil er die Tochter Jakobs wollte“). Die Zitate stammen aus dem von David Gonzalo
Maeso und Pascual Pascual Recuero edierten Text des Me’am Lo’ez. Elgran comentario
biblico sefardi, Madrid 1970, Band 2, S. 907 und 906 [k steht für stimmhaftes sch.]. Es
handelt sich um die achte Parasche. Im vorliegenden Fall geht es um die Folgen der
Vergewaltigung von Jakobs Tochter Dinah durch Sichern, den Sohn des Hewiters He-

mor.
 
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