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Jan Ass mann
gehöre zum Stil hymnischen Preisens. Mit echtem Monotheismus
habe das nichts zu tun. Damit wandte sich Hornung gegen verschie-
dene ältere und neuere Theorien, die in diesen Thematisierungen
des Einen Anzeichen von Monotheismus erkennen wollten. Drei
solcher Theorien möchte ich herausgreifen und glaube damit das
Feld der bis dahin vorgebrachten Deutungen auch weitgehend zu
erschöpfen.
Eberhard Otto sprach von „monotheistischen Tendenzen“ inner-
halb des Polytheismus.12 Die Ägypter hätten zwar viele Götter ver-
ehrt, aber innerhalb dieses polytheistischen Rahmens ließen sich
doch vier Kontexte, vier Traditionen des Redens von Gott ausma-
chen, in denen die Einheit und Einzigkeit Gottes betont wird. Er
identifizierte diese thematischen Brennpunkte als den „Schöpfer-
gott“, den „Herrschergott“, den „Gott der Ethik“ und den „Gott im
Menschen“. Wenn die Texte von Schöpfung reden, ist es immer ein
einziger Gott, aus und von dem sie die Welt hervorgehen lassen;
ebenso ist es ein einziger Gott, der als Herrscher die Welt in Gang
hält und in dieser Funktion vom irdischen König repräsentiert,
„abgebildet“ wird. Schließlich reden die Texte, wo es um mensch-
liche Verantwortung geht, meist nur von „dem Gott“ und nicht „den
Göttern“. Und viertens gilt im Rahmen einer speziellen Lehre, auf
die wir aber im folgenden nicht weiter eingehen wollen, das Herz
bzw. das Gewissen als ein Gott im Menschen.
Siegfried Morenz hat eine evolutionistische Lösung vorgeschla-
gen und von der „Heraufkunft des transzendenten Gottes in Ägyp-
ten“ gesprochen.13 Jenseits der traditionellen polytheistischen Göt-
terwelt habe sich Begriff und Kult eines einzigen transzendenten
Gottes entwickelt, dessen immer stärkeres Hervortreten die Ent-
wicklungslinie der ägyptischen Religion bestimme. Morenz korre-
liert den Aufstieg - die „Heraufkunft“ - dieses transzendenten Got-
tes mit einem entsprechenden Abstieg des Königtums. Ursprüng-
lich ist das Höchste Wesen im Pharao verkörpert, dann löst es sich
aus dieser inkarnatorischen Identifikation und stellt sich als „Vater“
über den König, schließlich wird der König zum bloßen „Abbild“
und „Stellvertreter“ Gottes auf Erden erklärt, was ihn in noch grö-
ßere Distanz zum Höchsten bringt. Diese Theorie hat den Vorzug,
12 E. Otto, „Monotheistische Tendenzen in der ägyptischen Religion“, in: Die Welt
des Orients 2, 1955, 99-110.
13 S. Morenz, Die Heraufkunft des transzendenten Gottes in Ägypten, SSAW 109.2.
Jan Ass mann
gehöre zum Stil hymnischen Preisens. Mit echtem Monotheismus
habe das nichts zu tun. Damit wandte sich Hornung gegen verschie-
dene ältere und neuere Theorien, die in diesen Thematisierungen
des Einen Anzeichen von Monotheismus erkennen wollten. Drei
solcher Theorien möchte ich herausgreifen und glaube damit das
Feld der bis dahin vorgebrachten Deutungen auch weitgehend zu
erschöpfen.
Eberhard Otto sprach von „monotheistischen Tendenzen“ inner-
halb des Polytheismus.12 Die Ägypter hätten zwar viele Götter ver-
ehrt, aber innerhalb dieses polytheistischen Rahmens ließen sich
doch vier Kontexte, vier Traditionen des Redens von Gott ausma-
chen, in denen die Einheit und Einzigkeit Gottes betont wird. Er
identifizierte diese thematischen Brennpunkte als den „Schöpfer-
gott“, den „Herrschergott“, den „Gott der Ethik“ und den „Gott im
Menschen“. Wenn die Texte von Schöpfung reden, ist es immer ein
einziger Gott, aus und von dem sie die Welt hervorgehen lassen;
ebenso ist es ein einziger Gott, der als Herrscher die Welt in Gang
hält und in dieser Funktion vom irdischen König repräsentiert,
„abgebildet“ wird. Schließlich reden die Texte, wo es um mensch-
liche Verantwortung geht, meist nur von „dem Gott“ und nicht „den
Göttern“. Und viertens gilt im Rahmen einer speziellen Lehre, auf
die wir aber im folgenden nicht weiter eingehen wollen, das Herz
bzw. das Gewissen als ein Gott im Menschen.
Siegfried Morenz hat eine evolutionistische Lösung vorgeschla-
gen und von der „Heraufkunft des transzendenten Gottes in Ägyp-
ten“ gesprochen.13 Jenseits der traditionellen polytheistischen Göt-
terwelt habe sich Begriff und Kult eines einzigen transzendenten
Gottes entwickelt, dessen immer stärkeres Hervortreten die Ent-
wicklungslinie der ägyptischen Religion bestimme. Morenz korre-
liert den Aufstieg - die „Heraufkunft“ - dieses transzendenten Got-
tes mit einem entsprechenden Abstieg des Königtums. Ursprüng-
lich ist das Höchste Wesen im Pharao verkörpert, dann löst es sich
aus dieser inkarnatorischen Identifikation und stellt sich als „Vater“
über den König, schließlich wird der König zum bloßen „Abbild“
und „Stellvertreter“ Gottes auf Erden erklärt, was ihn in noch grö-
ßere Distanz zum Höchsten bringt. Diese Theorie hat den Vorzug,
12 E. Otto, „Monotheistische Tendenzen in der ägyptischen Religion“, in: Die Welt
des Orients 2, 1955, 99-110.
13 S. Morenz, Die Heraufkunft des transzendenten Gottes in Ägypten, SSAW 109.2.