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Assmann, Jan; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1993, 2. Abhandlung): Monotheismus und Kosmotheismus: ägyptische Formen eines "Denkens des Einen" und ihre europäische Rezeptionsgeschichte ; vorgetragen am 24. April 1993 — Heidelberg: Winter, 1993

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https://doi.org/10.11588/diglit.48168#0017
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Monotheismus

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ser, die neue gefährliche Wahrheit zum ausschließenden Eigen-
thum einer kleinen geschlossenen Gesellschaft zu machen, diejeni-
gen, welche das gehörige Maß von Fassungskraft dafür zeigten, aus
der Menge hervorzuziehen und in den Bund aufzunehmen, und die
Wahrheit selbst, die man den unreinen Augen entziehen wollte, mit
einem geheimnisvollen Gewand zu umkleiden, das nur derjenige
wegziehen könnte, den man selbst dazu fähig gemacht hätte“. Die-
ses Gewand ist die Hieroglyphenschrift, die als eine Geheimschrift
verstanden wird. Sie schützt die gefährliche monotheistische Wahr-
heit, die eine Art politischen Sprengstoff darstellt. Moses aber habe
den Ägyptern das Geheimnis, die monotheistische Idee, entrissen
und sie dem Volke, aber nicht dem ägyptischen, sondern dem
hebräischen, seinem Volke, offenbart.30
Denn Moses sei ägyptisch erzogen und in alle Geheimnisse ein-
geweiht worden. Bei den Priestern von Heliopolis lernt er die Hiero-
glyphen und mit ihnen die geheime Weisheit. „Und wenn man erst
einmal einen Blick auf das, was man ägyptische Mysterien nennt,
geworfen hat, so wird sich zwischen diesen Mysterien und dem, was
Moses nachher getan und verordnet hat, eine merkwürdige Ähn-
lichkeit ergeben.“31 Diese Ähnlichkeit, so unterstellt Schiller, beruht
in der Idee von der Einheit Gottes. „Es scheint außer Zweifel
gesetzt“, schreibt er, „daß der Inhalt der allerältesten Mysterien in
Heliopolis und Memphis während ihres unverdorbenen Zustands,
Einheit Gottes und Widerlegung des Paganismus war“ (S. 481).
Schiller gibt seine Quellen nicht vollständig an.32 Das war auch
nicht nötig; er durfte sie als bekannt voraussetzen, denn er griff mit
30 Eine ähnliche Ansicht über den esoterischen Charakter des außerbiblischen
Monotheismus äußert auch Josephus, Contra Apionem II, 168, wo er schreibt:
„Daß diese Lehren schön und der Natur und Größe Gottes geziemend sind,
bezeugen mit allem Nachdruck die Weisesten unter den Hellenen. Pythagoras,
Anaxagoras, Platon und die späteren Philosophen von der Stoa scheinen fast
alle ebenso wie er (Moses, J. A.) über die Natur Gottes gedacht zu haben.
Aber diese, die nur für wenige philosophierten, hatten nicht den Mut (ούκ
έτόλμησαν), die Wahrheit ihrer Lehre in die von falschen Meinungen voreinge-
nommene Masse hinauszutragen. Unser Gesetzgeber dagegen brachte seine
Taten mit seinen Worten in Einklang, und so gelang es ihm nicht nur, seine Zeit-
genossen zu überzeugen, sondern auch allen nachfolgenden Geschlechtern für
alle Zeiten den Glauben an Gott (την περϊ ί)εοϋ πίστιν) unerschütterlich einzu-
pflanzen“. Zit. nach Amir, 6.
31 F. von Schiller, Sämmtliche Werke X, Stuttgart 1836, 477.
32 Er nennt „Manetho, Diodor, Tacitus, Lysimachus, Strabo und viele andere“
(472) als Quellen für den Aufenthalt der Hebräer in Ägypten und ihren Exodus.
 
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