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Jayme, Erik; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1994, 1. Abhandlung): "Entartete Kunst" und internationales Privatrecht: vorgetragen am 6. November 1993 — Heidelberg: Winter, 1994

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https://doi.org/10.11588/diglit.48170#0040
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Erik Jayme

“die Versteigerung der Bilder sei eine normale, rechtmäßige
Folge der Überschuldung Goldschmidts.“101
Wenn man den guten Glauben des Erwerbers so weit faßt und die
Augen vor der Judenverfolgung verschließt, erreicht man das Pro-
blem der Verjährung natürlich nicht.

VII Zwischenergebnis: Internationales Privatrecht
und „Entartete Kunst“
Nunmehr möchte ich zu den vier Grundfragen zurückkommen102
und sie im Lichte des Internationalen Privatrechts zu erfassen
suchen.

1. Einziehung der Kunstwerke und Eigentum von Ausländern
Für die Wirksamkeit der Entziehung des Eigentums ist das deut-
sche Recht maßgebend, da sich die Kunstwerke in Deutschland
befanden, als sie entzogen wurden. Allerdings galt das Einzie-
hungsgesetz von 1938 nicht für solche Kunstwerke, die im Eigen-
tum von Ausländern standen.103 Die Frage einer völkerrechtswidri-
gen Enteignung stellt sich also nicht.104
Es gehört zu den Seltsamkeiten des Gesetzes von 1938, daß es
im Ergebnis der von Savigny und seinen Nachfolgern abgelehnten
Theorie folgte und der Staatsangehörigkeit des Eigentümers Beach-
tung schenkte.105 Ausländer wurden in Eigentumsfragen der „entar-
teten Kunst“ besser behandelt als Deutsche. Diesen durften die
Kunstwerke genommen werden, jenen wurden sie belassen. Daß
sich die Praxis nicht immer an den Wortlaut des Gesetzes hielt,
steht auf einem anderen Blatt.106

101 Oben Note 99, 310.
102 Vgl. oben II 3.
103 Vgl. oben Text zu Note 45.
104 Vgl. hierzu Staudinger-Stoll, oben Note 88, Rdz. 148.
105 Vgl. oben IV 3.
106 Vgl. aber oben Note 46.
 
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