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Fuhrmann, Manfred; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1994, 4. Abhandlung): Alexander von Roes - ein Wegbereiter des Europagedankens?: vorgetragen am 16. Februar 1991 — Heidelberg: Winter, 1994

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https://doi.org/10.11588/diglit.48173#0007
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Es fehlt nicht an Untersuchungen zum Europagedanken frühe-
rer Zeiten; es gibt zahlreiche Abhandlungen, die sich mit der
Geschichte des Namens Europa als einer über die geographische
Grundbedeutung hinausgehenden, in die Bereiche der Politik, der
Religion und der Kultur weisenden Kategorie, des Namens Europa
als Zukunft oder Vergangenheit, als Idee oder Wirklichkeit befas-
sen. Der Anreiz hierfür liegt auf der Hand. Die beiden Weltkriege
haben bei vielen zu der Überzeugung geführt, daß das national-
staatliche Prinzip, wie es während der Neuzeit für Europa bestim-
mend geworden war, eines Korrektivs bedarf, daß es in eine über-
nationale Ordnung eingebunden werden muß, die die Möglichkeit
kriegerischer Konflikte ausschließt. Die Konsequenzen, die maß-
gebliche Kräfte zahlreicher europäischer Staaten aus dieser Über-
zeugung gezogen wissen möchten, sind seit Jahrzehnten das Leit-
thema der europäischen Politik, und im Gefolge hiervon haben
sich nicht wenige Gelehrte veranlaßt gesehen, die Vergangenheit
nach Anregungen, Vorstufen und Modellen für die heutigen
Bemühungen um ein politisches und wirtschaftliches Zusammen-
gehen der europäischen Staaten zu befragen.
Bei jeglichem Versuch, die Geschichte des Europagedankens zu
erhellen und darzustellen, gilt es mehrerlei zu unterscheiden - was
deswegen eigens hervorgehoben wird, weil es auf diesem Felde,
dem der Begriffs- und Ideengeschichte, immer wieder zu Mißver-
ständnissen und Verwechslungen kommt. Zunächst muß man sich
darüber im klaren sein, daß es, wenn es um den Europagedanken
geht, nicht auch - jedenfalls nicht primär - um die Sache Europa
gehen kann: nicht um die Geschichte und Kultur Europas, nicht
um die Staatsmänner, Philosophen, Künstler und Dichter, die
Europa hervorgebracht hat, nicht um die Sequenz von Epochen, an
der alle europäischen Völker teilhatten, von der Christianisierung
im frühen Mittelalter über die Kreuzzüge, die Renaissance, den
Absolutismus und das bürgerliche Zeitalter bis zur Gegenwart. Es
geht vielmehr um Reflexe dieser Sache, darum, wie sich das Auf
und Ab der europäischen Geschichte, wie sich die Erfolge und Nie-
derlagen, die Leistungen und Schandtaten der Europäer in deren
 
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