14
Erich Meuthen
verbindliche Anweisungen erteilte.23 Doch es erhebt sich die Frage:
Ist das der Sache nach nicht ein Befehl mit Urkundsqualität? Ver-
bindliche Anweisungen in der Nürnberger Judensache erteilte der
Legat im Juli 1451 mit einem sicher als „Brief4 zu bezeichnenden
Schreiben an Bischof Anton von Bamberg, das sehr persönliche
Animositäten gegen die Juden enthält.24 Aber ist es wirklich wichtig
zu wissen, ob man einen „Brief4 im eigentlichen Sinne vor sich hat?
Von Bedeutung ist das wohl nur, wenn man eine Publikation unter-
nimmt, die sich ausdrücklich als „Brief‘-Edition bezeichnet.
Gewiß spielten Überlegungen dieser Art mit, wenn Klibansky
eine sechste Publikationsreihe vorschlug, nämlich eine „Dokumen-
tensammlung44; denn hier konnten unschwer die schon genannten
Urkunden in Briefform Platz finden. So denn auch vollends all jene,
die sich als „offene44 allgemeine Kundgaben an alle Christgläubigen
richten bzw. Ad perpetuam rei memoriam ergehen. Sachlich hat das
eine Konsequenz über die Meisterung der formalen Einengung
durch eine wie immer sinnvolle Begriffsbestimmung „Brief4 hinaus:
Ein Brief kann sicher auch oder gar primär Setzung intendieren.
Eine Urkunde tut es auf jeden Fall. Durch Einbeziehung der Urkun-
den erfassen wir Cusanus daher noch weit mehr als Handlungsträ-
ger, als Akteur im kirchlichen und - im weitesten Sinne - “politi-
schen“ Geschehen. Das heißt: In seinen „Acta“ lernen wir erst die
ganze Breite der geschichtlichen Persönlichkeit kennen, den Für-
sten (als Kardinal wie als Reichsbischof hatte er ja Fürstenstatus),
der zugleich Gelehrter ist, und umgekehrt. Das heißt in der Tat: des-
sen Handeln, in welcher Hinsicht es auch sei, in den darüber doku-
mentarisch Auskunft gebenden Akten immer wieder originelle
23 Künftig AC1/3 Nr. 2127. Vgl. vorerst B. Pez und Ph.Hueber, Codex diplomatico-
historico-epistolaris ... Thesauri anecdotorum novissimi VI, Augsburg 1729,
362. Die breitgestreute abschriftliche Überlieferung bezeugt die intendierte
Publizität des Schreibens. Sein „Brief‘-Charakter wird auch noch dadurch deut-
lich, daß es sich um eine Art formal unverbindlicheren Begleitschreibens zu den
vom Legaten ganz formell signierten Suppliken der beiden Äbte handelt. Diese
künftig: Nr. 2162, bislang ungedruckt; überliefert erst 1744 in einer Kopie zu
Salzburg, Abtei St. Peter, Stiftsarchiv, HsA 136 p. 123, sowie: Stiftsbibi., Hs. b
XIV 54 p. 168, also erst aus jüngerer Zeit und wesentlich seltener als Nr. 2127.
24 Etwa gleichzeitige Kopie in Bamberg, StA, C 3 Nr. 1972 f. lrv; künftiger Druck in
AC 1/3 Nr. 1525. Hier heißt es z.B.: Accedimus adprovinciam Bremensern, in qua
nullus estludeus per del graciam. Sapientes homines cognoscunt ludeorum pericu-
losissimam vitam et usurarum voraginem necpaciuntur eos. Sitis boni animi; veri-
tas vincet.
Erich Meuthen
verbindliche Anweisungen erteilte.23 Doch es erhebt sich die Frage:
Ist das der Sache nach nicht ein Befehl mit Urkundsqualität? Ver-
bindliche Anweisungen in der Nürnberger Judensache erteilte der
Legat im Juli 1451 mit einem sicher als „Brief4 zu bezeichnenden
Schreiben an Bischof Anton von Bamberg, das sehr persönliche
Animositäten gegen die Juden enthält.24 Aber ist es wirklich wichtig
zu wissen, ob man einen „Brief4 im eigentlichen Sinne vor sich hat?
Von Bedeutung ist das wohl nur, wenn man eine Publikation unter-
nimmt, die sich ausdrücklich als „Brief‘-Edition bezeichnet.
Gewiß spielten Überlegungen dieser Art mit, wenn Klibansky
eine sechste Publikationsreihe vorschlug, nämlich eine „Dokumen-
tensammlung44; denn hier konnten unschwer die schon genannten
Urkunden in Briefform Platz finden. So denn auch vollends all jene,
die sich als „offene44 allgemeine Kundgaben an alle Christgläubigen
richten bzw. Ad perpetuam rei memoriam ergehen. Sachlich hat das
eine Konsequenz über die Meisterung der formalen Einengung
durch eine wie immer sinnvolle Begriffsbestimmung „Brief4 hinaus:
Ein Brief kann sicher auch oder gar primär Setzung intendieren.
Eine Urkunde tut es auf jeden Fall. Durch Einbeziehung der Urkun-
den erfassen wir Cusanus daher noch weit mehr als Handlungsträ-
ger, als Akteur im kirchlichen und - im weitesten Sinne - “politi-
schen“ Geschehen. Das heißt: In seinen „Acta“ lernen wir erst die
ganze Breite der geschichtlichen Persönlichkeit kennen, den Für-
sten (als Kardinal wie als Reichsbischof hatte er ja Fürstenstatus),
der zugleich Gelehrter ist, und umgekehrt. Das heißt in der Tat: des-
sen Handeln, in welcher Hinsicht es auch sei, in den darüber doku-
mentarisch Auskunft gebenden Akten immer wieder originelle
23 Künftig AC1/3 Nr. 2127. Vgl. vorerst B. Pez und Ph.Hueber, Codex diplomatico-
historico-epistolaris ... Thesauri anecdotorum novissimi VI, Augsburg 1729,
362. Die breitgestreute abschriftliche Überlieferung bezeugt die intendierte
Publizität des Schreibens. Sein „Brief‘-Charakter wird auch noch dadurch deut-
lich, daß es sich um eine Art formal unverbindlicheren Begleitschreibens zu den
vom Legaten ganz formell signierten Suppliken der beiden Äbte handelt. Diese
künftig: Nr. 2162, bislang ungedruckt; überliefert erst 1744 in einer Kopie zu
Salzburg, Abtei St. Peter, Stiftsarchiv, HsA 136 p. 123, sowie: Stiftsbibi., Hs. b
XIV 54 p. 168, also erst aus jüngerer Zeit und wesentlich seltener als Nr. 2127.
24 Etwa gleichzeitige Kopie in Bamberg, StA, C 3 Nr. 1972 f. lrv; künftiger Druck in
AC 1/3 Nr. 1525. Hier heißt es z.B.: Accedimus adprovinciam Bremensern, in qua
nullus estludeus per del graciam. Sapientes homines cognoscunt ludeorum pericu-
losissimam vitam et usurarum voraginem necpaciuntur eos. Sitis boni animi; veri-
tas vincet.