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Martin Heckel
fassungsgericht hat ihn in jahrzehntelanger Judikatur1"’ für alle Bürger
unmißverständlich klargestellt und allen Staatsorganen als Richtschnur
ihrer Kompetenzen und Funktionen bekräftigt.
c) Im Westen war somit die deutsche Einheit durch die Verfassung-
gebende Gewalt des Volkes geboten und ihr gemäß vollzogen worden,
wenn man das Grundgesetz und den im Grundgesetz normativ ausge-
drückten politischen Gestaltungswillen des Volkes zu Grunde legt.
Die alte wie die neue Fassung der Präambel wie auch des Schlußarti-
kels 146 GG lassen daran keinen juristischen Zweifel zu. Die Minister-
präsidenten der westdeutschen Länder und dann der Parlamentarische
Rat hatten ja 1949 den Zusammenschluß der drei westlichen Zonen in
der vorläufigen Staatsbildung und Staatsverfassung der Bundesrepublik
vor allem auch als Auftakt und Vorstufe zur Wiedervereinigung Ge-
samtdeutschlands ins Werk gesetzt, was sich das deutsche Volk mit der
Annahme des Grundgesetzes durch die demokratischen Wahlen seit
1949 offenkundig zu eigen gemacht hat. Und vollends gibt es keinen An-
haltspunkt dafür, daß das Volk im Westen nach Ausbruch der Revolu-
tion im Osten den Verfassungsauftrag des Verfassunggebers von 1949
durch einen entgegengesetzten revolutionären Verfassunggebungsakt
beseitigt hätte, mag auch die Begeisterung des Winters 1989/90 inzwi-
schen mancher Ernüchterung über die Schwierigkeiten des Zusam-
menwachsens gewichen sein.
Als Fazit der Historie ist festzuhalten: Im Osten wie im Westen war
das Volk an der Schaffung der Einheit des Staates und der Verfassung
auf verschiedene Weise zu verschiedener Zeit mit unterschiedlichen
Akten seiner Verfassunggebenden Gewalt entscheidend beteiligt.
In welcher Rolle aber soll das Volk mitwirken, wenn sich die Frage
einer Ablösung des Grundgesetzes durch eine neue Verfassung nach
Art. 146 GG n.F. stellt?
Vgl. BVerfGE 5,85 (126 ff.); 12,45 (51 f.); 36,1 (17 ff.); 77,137 (150); 82,316 (320 f.); 84,90
(H8).
Martin Heckel
fassungsgericht hat ihn in jahrzehntelanger Judikatur1"’ für alle Bürger
unmißverständlich klargestellt und allen Staatsorganen als Richtschnur
ihrer Kompetenzen und Funktionen bekräftigt.
c) Im Westen war somit die deutsche Einheit durch die Verfassung-
gebende Gewalt des Volkes geboten und ihr gemäß vollzogen worden,
wenn man das Grundgesetz und den im Grundgesetz normativ ausge-
drückten politischen Gestaltungswillen des Volkes zu Grunde legt.
Die alte wie die neue Fassung der Präambel wie auch des Schlußarti-
kels 146 GG lassen daran keinen juristischen Zweifel zu. Die Minister-
präsidenten der westdeutschen Länder und dann der Parlamentarische
Rat hatten ja 1949 den Zusammenschluß der drei westlichen Zonen in
der vorläufigen Staatsbildung und Staatsverfassung der Bundesrepublik
vor allem auch als Auftakt und Vorstufe zur Wiedervereinigung Ge-
samtdeutschlands ins Werk gesetzt, was sich das deutsche Volk mit der
Annahme des Grundgesetzes durch die demokratischen Wahlen seit
1949 offenkundig zu eigen gemacht hat. Und vollends gibt es keinen An-
haltspunkt dafür, daß das Volk im Westen nach Ausbruch der Revolu-
tion im Osten den Verfassungsauftrag des Verfassunggebers von 1949
durch einen entgegengesetzten revolutionären Verfassunggebungsakt
beseitigt hätte, mag auch die Begeisterung des Winters 1989/90 inzwi-
schen mancher Ernüchterung über die Schwierigkeiten des Zusam-
menwachsens gewichen sein.
Als Fazit der Historie ist festzuhalten: Im Osten wie im Westen war
das Volk an der Schaffung der Einheit des Staates und der Verfassung
auf verschiedene Weise zu verschiedener Zeit mit unterschiedlichen
Akten seiner Verfassunggebenden Gewalt entscheidend beteiligt.
In welcher Rolle aber soll das Volk mitwirken, wenn sich die Frage
einer Ablösung des Grundgesetzes durch eine neue Verfassung nach
Art. 146 GG n.F. stellt?
Vgl. BVerfGE 5,85 (126 ff.); 12,45 (51 f.); 36,1 (17 ff.); 77,137 (150); 82,316 (320 f.); 84,90
(H8).