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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0064
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6o MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
anzeyg, bringt uns solchs allein der Glaub zu wegen 94. Dann Christus
Jhesus unser heyland ist der, durch den wie alle ding geschaffen seind,
also hat gott gefallen durch yn auch alle ding wider zu bringen und in
ire erste ordnung, in die sye geschaffen seind, stellen95. Diß würt ge-
radten den andern creaturen, so do kummen würt der kinder, das ist
der gläubigen menschen offenbarung. Ro. viii [19]. Den menschen
aber widerfert sollichs widerkummen in ire rechte erstlich wesen zum
anfang auch hye, wiewol noch nit volkummen. Und das, so sye glauben
in Christum, das ist, im gäntzlich vertruwen96, er hab sye durch sein
blut wider in sünm97 und gnad des vatters gestelt und also folgend durch
sein geist wider auch gegen allen creaturen erstlicher ordnung nach,
die dann ist wie obgemelt menigklich nützlich und verstendig sein
einem yeden nach seiner entpfengklicheit uffgericht.
Dann so Christus einem yeden thut und ist, wie er ym vertruwet, wie
ern dann zu den blinden Mat. ix [28-29] saget: Glaubt ir, das ich eüch
C 4 a solchs thun kan? und sye sprachen: ja herr. sagt | er druff: Eüch gescheh noch
eüwerem glauben. Und wir, die wir durch die sünd von unserm ersten
standt und ordnung andern zu nutz und gott zu lob zu leben, abgefallen
und yetzt leyder der vergifften natur nach nur uns selbs lieben und
unsern nutz suchen zu verderbung unser selb, beleydigung der nechsten
und schmach gottes, unsers schöpfers, möchten wir glauben, das der
Coloß. i. [18-20] ewig vatter Christum, unsern herrn, darum ein haubt seiner gemeyn
Eph. i. [10] gemacht hat, das durch in alles versünet und zusammengefasset wurde,
das ist, in sein rechtes wesen widerbracht, zu leben zum preiß gottes
m) sun. - n) rr.
94. Vgl. Einleitung, Anm. 13.
95. Vgl. Col 1,16.20. Vgl. B.s Römerbriefkommentar (Bibl. Nr. 55), Praef., S. 14b:
»... tota nostri restitutio et salus ex fide solida de Dei in nos bonitate per satisfactionem
D. Jesu Christi ex Spiritus s. persuasione dimanat.«
96. Die Formulierung »so sye glauben in Christum, das ist im gäntzlich vertruwen«
legt die Vermutung nahe, daß für B. Glauben und Vertrauen identisch seien. Dem ist
aber nicht so. B. versteht unter Glaube (fides) die Überzeugung eines Menschen,
daß ihm Gottes Güte unerschütterlich gilt (= persuasio bonitatis Dei). Wo von
Glauben unter dem Gesichtspunkt des Vertrauens die Rede ist, handelt es sich für
B. um eine uneigentliche Redeweise, denn das Vertrauen ist für ihn die Frucht der
Glaubenserkenntnis. Dies mag schon aus den im weiteren Verlauf der Predigt be-
gegnenden Äußerungen S. 63, Z. 1ff.; S. 65, Z. 11ff., hervorgehen. Ausdrück-
lich klärt B. diesen Sachverhalt in seinem Epheser-Kommentar (Bibl. Nr. 17),
S. 20 a: »Proinde quam Apostolus et vulgo fide latine dicunt, si germanam vocis
huius, ut ea Paulus usus est, significantiam recipimus, persuasionem Euangelii per
spiritum sanctum electis et vocatis factam per eam intelligimus. Ea nonnumquam
quidem pro fiducia in bonitatem. accipitur, sed per Metalepsin. Ex persuasione enim
de promissis Domini fiducia in bonitatem eius gignitur« (vgl. J. Müller, a.a.O.,
S. 15 ff.).
97. Sühne.

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