Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0155
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Einleitung
1. Die Entstehung der Schrift

Bucer kam Anfang Mai 1523 als flüchtiger Priester nach Straßburg. In
korrekter Weise teilte er seine Ankunft und auch seine Verehelichung
dem bischöflichen Vikar in Straßburg mit. Die beiden Tatsachen,
Exkommunikationsandrohung durch den Bischof von Speyer und die
Heirat des Priesters, waren Grund genug, ihm jegliche kirchliche Be-
tätigung zu untersagen. Bucer bat daraufhin den Magistrat der Stadt,
die er seine Vaterstadt nennt, da sein Vater, bei dem er jetzt wohnte,
»Bürger von Straßburg« war, ihm Schutz zu gewähren. Der Magistrat
war bereit, ihn »für gewalt« zu schützen, nicht aber »für acht und
bann«, und sagte ihm am 18. Mai den Schirm des Stadt zu1.
Bucer bemühte sich indessen in diesen Wochen um eine auswärtige
Anstellung. Diese Bitte trug er in zwei Briefen vom 23. Mai und 9. Juni
auch Zwingli in Zürich vor2. In seinen Antrag bezog er den Weißen-
burger Pfarrer Heinrich Motherer mit ein, der mit ihm nach Straßburg
gekommen war.
Da Bucer auf Bitten seiner Freunde in Zells Hause die Briefe an
Timotheus und Titus in lateinischer Sprache auszulegen begann - öffent-
liche Vorlesungen über das Johannes-Evangelium, um die ihn viele
Bürger gebeten und die er zunächst auch versprochen hatte, wollte der
Magistrat nicht erlauben -, legte der Bischof gegen diese Tätigkeit des
gebannten Priesters Verwahrung ein. Er verlangte vom Magistrat, daß
er Bucer »sein Geleit ab künden« sollte, damit er mit ihm verfahren
könnte, wie er verpflichtet wäre, einem »gelübdbrüchigen« Priester zu
tun. Aber auf dieses Begehren des Bischofs vom 16. Juni 1523 ging der
Rat, in dem Bucer auch schon Freunde hatte, nicht ein3. Die Entschei-
dung fiel vielmehr in der Weise aus, daß der Stättmeister Egenolph Röder
und der Altammeister Nicolaus Kniebis Bucer vorladen, ihm die Klag-
schrift des Bischofs vorlesen und mit ihm verhandeln sollten. Es machte
auf die Ratsherren einen guten Eindruck, daß Bucer in großer Bescheiden-
heit ihnen begegnete und sich »Meinen Herren zu Straßburg« zu unter-
stellen bereit war. Seiner Bitte entsprechend nahm der Rat eine schrift-
liche »Verantwortung« seiner Person und Lehre halben, in der er auf
die Anklagen des Bischofs einging, entgegen; am 23. Juni schickte sie
der Rat dem Bischof zu mit der Benachrichtigung, daß das Geleit nicht
aufgekündigt würde.
Wie wenige Monate zuvor Matthias Zell auf die Anklage des bischöf-
lichen Fiskals eine »Verantwortung auf die Artikel ihm vom bischöf-
1. VglJ. Adam, S. 50f. 2. CR Zw 8,8o. 3. Vgl. A. Baum, S. 32.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften