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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0167
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zugleich leben und gehorsam leysten. Dann die substantz und das wesen
der müncherey haben sye gestelt in drey haubtgelübd: der gehorsame,
wie sye sagen, der armut und der keüscheit. Gleich als ob zu ynen stünd,
gott zu halten, was sye gelustet und was sye für haubtgelübdt ortern.
5 dann in andern sachen, die sye geloben, do mög man sprechen, sey vom
Bapst und andern prelaten erlanget, das mans nit halten dörf. So doch
alles, das man menschen oder gott gelobet, undispensierlich gehalten
werden sol, wo solchs anders nit wider gott ist. Dann es stat geschriben:
Geloben und hal\tens. Und im v. buch Mose am xxiii. cap. [22-23]:
10 Wann du das geloben underwegen lasßest, so ists dir kein sünd, aber was
deinen lefftzen außgangen ist, solt du halten und darnach thun, wie du dem herren,
deinem gott, freywillig gelobt hast, das du mit deinem mund geredt hast. Hie
sehen wir, das es nit gylt, so man etwan vil ding gott gelobet, das man
auß denselbigen verlobten dingen halte, was wir wöllen. Als die Prediger-
15 münch verheyssen, nach ir constitution und regel sant Augustin32 zu
leben und seind doch hundert und aber hundert stuck in beyden, deren
sye keins halten. Welcher stück doch etlich vor im tauff auch gelobt
und von gott gebotten seind. Als das sye sollen ein hertz und seel
haben, nicht in kleydern wöllen gefallen, kein zynß noch gült oder
20 ligende guter haben und vil andere stück, deren sye keins halten und
darum doch gar nit gelübdbrüchig gescholten sein wöllen. Also leren
auch die Papisten etlich gelübd mit gelt ablegen, etlich seyen aber nit
ableglich, man häb dann ser ein grossen hauffen gelts33. Dises ist alles
antichristisch. Der in der hütten des herren wonen und uff seinem berg
25 ruhen sol, musß seinem nechsten nüt schweren oder geloben: ich schweig
got, dem almechtigen, er muß im halten, darum darf es keiner außred:
was man got gelobet, sol man halten, got häb dann solchs verbotten.
Als so ich gelobt het, mein vatter zu mörden, das kan ich nit halten,
dann es ist wider gottes gebot und das erst gelübd im tauff gethon, do
30 man dem teüfel und sein wercken widersagt hat. Wie dann einer, der
eins fürsten geschworner dyener wer, ob er schon etwas gelobt het dem
fürsten, das aber dem fürsten zuwider und deßhalb wider seinen ersten
eyd were, solchs soll er ye underwegen lasßen und mag yn niemant
deßhalb glübdbrüchig schelten, dann das erst gelübd geht vor. Darumb,
35 wo nit die clostergelübd stracks wider gottes gebott weren, so müst
sye halten, wer die globt hette; | dofür hülff nichts weder Bapst noch
Baders gewalt. Deßhalb will ich anzeygen, das auch die gelübd, so sye
substantialia heissen und die örden weßlich druff buwen als von irer
gehorsam, armut und keüscheit gethon, wider das heilig götlich wort

Drey haubtgelübdt der
müncherey.

Psal. Ixxv. [76, 12]
B 2 a
Deu. xxiii. [22-23]

Psal. xv. [1-3 ]

B 2b

32. Regula S. Augustini vgl. »Die großen Ordensregeln«, hg. von Urs v. Balthasar.
1948. S. 122ff.
33. Vgl. Anlage 2 und Adam, S. 49.
 
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