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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0200
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MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN

hat: Seytenmal wir denn alle übertretter seind götlicher gebott und
deßhalb verdampt und vermaledeyet, so werden wir uns selb noch auch
andere menschen von solcher verdamnuß und vermaledeyung je nit
helffen mögen, wie wir in ungnaden seind, also würt auch alles unser
thun bey gott unangenem sein. Der baum sol nichts, wie wolten denn 5
die frücht etwas taugen10? So denn alle gottes schrifit uns zu dem
einigen, gebenedeyten samen Abrahe, in dem alle völcker gebenedeyet
werden sollen, unsern herren Jesum Christum, der allein sein volck
von sünden erlöset, weiset und füret, von im durch ein woren glauben
verzihung der sünd und ewigen segen zu erlangen, wer wolt dann so 10
unsinnig sein, der solichs zu erlangen underston wolte durch sich selb
oder ander creaturen, sein oder andere werck, es sey beychten, auff-
gesetzte genugthuung, abloß, der münch verdienst oder wes man des
dings mer erdacht hat, zu trost etlicher faulen beüchen und aber großem
schaden und nachteyl der armen unwissenden selen? 15
Christus spricht: kompt her mir alle, die ir müselig und beladen seind,
ich will eüch erquicken Matth. 11 [28] und Jo. 14a [6]: niemandt kompt zum
vatter dann durch mich; und 15 [5]: on mich kündt ir nichts thun, wer wolt
denn nit alles verlassen und mit gutem vertrawen und glauben im sich
gar und gantz ergeben? Warlich, wer solichs unserem herren Christo 20
Jesu vertrawet und im sich also ergebe mitt worem glauben, wie eins
solichen hertz allein in, unsern heyland, meinen und lieben wurde, also
A3a müste es wol auch den sünden und seinem | gantzen vorigen leben find
sein und gründtliche rewe und mißfallen drüber tragen, allweg würt er
sich auch seiner sünd vor gott und allen menschen, wo es besserung 25
bringen möchte und ursach geben, zu gottes güte sich zu keren, bekennen
und sye von hertzen beichten. Mer würt die buß nit in dem ston, das
man zum tag ein vater unser oder 5 bettete, zur wochen ein almusen
oder zwei gebe, zum jar ein tag oder sechse fastete11, sonder im geist
und der worheit würt ein solcher on underloß alzeit betten12 und gott 30
umb gnad für sich und alle menschen im hertzen anrüffen, auch alles
sein leben nüchter und mit abruch alles leyplichen überfluß, sein fleisch
zu demmen und dem geist gehorsam zu machen, zubringen und sein
gantzes leben, was er ist und vermag, seinem nechsten, einem jeden,
der sein bedarff, zu dienst ergeben und bereit sein, jederman zu thun, 35
wie im Christus Jesus than hat, der sein leyb und leben fur seine feynd
a) Jo. 6. AB.
10. Vgl. Mt 7,17-18.
11. B. wendet sich gegen die Lehre von der satisfactio operis, indem er Luthers
Gedanken, WA 2,71 f. (Unterricht auf etliche Artikel ..., 1519) und WA 6,548f.
(De captivitate, 1520), aufnimmt.
12. Vgl. Jo 4,24.

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