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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0204
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MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN

halten, so werec es ein leichtfertikeit, wider in disputation lassen komen,
das so ernstlich einmal vom Concili beschlossen ist. Dann Concilium
hin, concilium her, das wort gottes soll man predigen, predigt das jemant
nit und wil davon nit ablassen, sol man in tödten, man sol aber vor
besehen und in drob verhören, ob er solchs predigt hab oder darwider. 5
Darzu darff man kein Concilium, ein jede Christliche oberkeit würt wol
erkennen mögen, so sye die schrifft gottes hat, ob ir ein meinung gemeß
oder nit sey. Der zanck ist nit drob, was das recht sey, was man predigen
sol oder nit. Gott hat beschlossen, das man sein wort leren sol und das
recht ist sein gesatz, der zanck ist, ob die Bäpstlichen oder ire wider- 10
Sprecher das wort gottes oder, das im wider ist, predigen und welche
gottes gesatz gemeß oder ungemeß handlen. Also das man ein todt-
schleger tödten sol, ist das recht, das bleibt, und ist darumb kein frag,
noch, so einer todt geschlagen hat, stellet man in vor recht, vernimpt
sein antwurt und erkündigt sich, ob er wider das gesatz gehandelt hab 15
oder nit und einem, der das helle wort gottes predigt und sich das zu
beweysen erbeüt, solle zu keiner verhör komen mügen, und das sollen
B 1 b die aller heyligsten und geistlichsten weren. Die | doch, so sye Christen
sein wolten, schuldig seind, einen jeden irrigen zu weisen und berichten
mit aller senfftmütikeit. Ist diß nit ein verkert, unverschampte wüterey, 20
die den thürcken zuvil were ?
Zu dem allem weiß man wol, wie es zu Constentz im Concilio zu-
gangen ist, alle fürsten und stend des reichs, die das Bäpstlich gesind
weltlich nennen, waren des beredt, das inen in sachen des glaubens
nichts gepürte zu richten. Deßhalb sye den beschoren und bekutteten 25
prelaten die sach befalhen. Solten denn dieselbigen etwas irem prachtigen,
gemachsamen, fäigen, mutwilligen leben abbrüchlich, wie dann die gantz
götlich schrifft ist, erkant haben, wer je wider ordnung der natur ge-
wesen, die sich selber allweg mer dann andere liebet und das zeitlich dem
ewigen stetigs fürsetzet. Der frumm keyser Sigmund hette gern ein 30
reformation des geistlichen stands fürgenommen und hat sich im
selbigen hoch bearbeit25, aber er war also durch die genanten geistlichen
überlägen, wie noch heütigs tag geschicht, so man zusamen kompt, das
die Bäpstlichen drey stimmen haben, so frumme weltliche fürsten, die
ir leyb, eer und gut zum reich setzen, nit eine haben, das ee alle ding 35
müsten fürgan, dann so ein nötige heilsame reformation. Dann man
sicht und greifft, das von den ferschen biß zur scheitel nichts gesunds26
c) werc AB.
25. Reformatio Sigismundi, um 1438 entstanden, in Oberdeutschland durch zahl-
reiche Drucke verbreitet, übte starken Einfluß aus. Ed. W. Böhm, 1876, vgl. Ztschr.
f. Soz. u. Wirtsch. Gesch. 6, 1898, S. 369ff., vgl. Anlage 6.
26. Vgl. Is 1,6.
 
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