252 MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
Antwort: Du hörst doch, das Christus spricht, das fleysch sey kein
nütz, was fragstu dann nach dem fleisch? So du solchs alß ein figur und
zeichen kündtest erkennen, mit rechtschaffenem glauben zu bedencken,
wie er sein leyb und blut einmal für dein erlösung am creütz hingeben
und auffgeopflfert hat, so wurdestu auch worlich den woren leyb und
das wore blut Christi niessen und das ewig leben haben, würstu aber
dazu das brot und den kelch nit entpfahen und brauchen, so würstu am
leyb und blut Christi, des herliche gedechtnüß du also unerest, schuldig
werden. Was leyplich da ist, mag dich nichts helffen. So du aber das
geistlich hie fassen mochtest, brecht dir das ewig leben.
Darumb laß übrig fragen faren, die wort seind war: diß ist mein leib,
diß ist mein blut, so redt der geist gottes in Paulo auch recht, das er
spricht (diß brot, den kelch), die laß bede recht und wor sein, sihe
allein, was du da niessest, das du es dem herren zu gedechtnüß niessest,
auff das du durch den glauben das fleisch und blut Christi geistlich
niessest, das ist, gäntzlich glaubest, das du durch solich opffer von
allem übel erlößt und ein kind gottes worden seyest. Wass uns weiter
zu wissen nutz sein mag, würt uns gott wol offenbaren.
Summa summarum ist, halt dich der wort des herren und thu in kein
gewalt, allein bedenck dabey, das das fleisch kein nütz ist und das alles
leyplichs hie sich auffs geistlich zeücht; Essen und trincken heist dich
der herr, das ist leyplich, aber allein darumb, das du sein, der sein leyb
und blut für dich geben hat, gedenckest, im glaubest, danckest und
gehorsamest. Davon Psal. 22 [27]: laß essen die ellenden, das sye sat werden,
und rhümen den herren, die nach im fragen; ewer hertz müsse leben ewigklich. Hieher
L 2 b muß es sich worlich alles schicken, hier | auff zeücht sich alles, was die
götlich schrifft inhalt. D. Martin Luther hat auch alweg also auff den
geist und glauben gerichtet was er hievon je geschriben hat144, darumb
billich D. Carlstadt seine spitzige, neidische und leichte wort wider in
gespart hette.
Aber gott gebe, das nit auff disem teyl auch seyen, die in selb zu wol
gefallen und meinen, es sey inen schandtlich, von einmal gepredigter
meinung etwas abzuweichen, dadurch sye dann gewaltigklich zu handlen
underston und die armen gewissen mer weiter verwicklen dann von
Man will nur schrifft, das irthumb außwicklen. Gott sey lob, das ansehen der person ist ser
ansehen der person gilt gefallen; man will nit me darumb gleich glauben, das mein herr doctor,
predicant oder pfarrer gesagt hat. Hastu nit clare schrifft, so far gemach,
s) Mas AB.
144. Luthers frühe Abendmahlsauffassung, auf die B. hier rekurriert, ist am deut-
lichsten in seinem Sermon vom Neuen Testament (1520) ausgedrückt: WA 6,359ff.
Vgl. H. Graß: Die Abendmahlslehre bei Luther und Calvin. 1954. S. 19ff. B.s Ge-
dankenaustausch darüber mit Zwingli vgl. CR Zw 3, S. 179.
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Antwort: Du hörst doch, das Christus spricht, das fleysch sey kein
nütz, was fragstu dann nach dem fleisch? So du solchs alß ein figur und
zeichen kündtest erkennen, mit rechtschaffenem glauben zu bedencken,
wie er sein leyb und blut einmal für dein erlösung am creütz hingeben
und auffgeopflfert hat, so wurdestu auch worlich den woren leyb und
das wore blut Christi niessen und das ewig leben haben, würstu aber
dazu das brot und den kelch nit entpfahen und brauchen, so würstu am
leyb und blut Christi, des herliche gedechtnüß du also unerest, schuldig
werden. Was leyplich da ist, mag dich nichts helffen. So du aber das
geistlich hie fassen mochtest, brecht dir das ewig leben.
Darumb laß übrig fragen faren, die wort seind war: diß ist mein leib,
diß ist mein blut, so redt der geist gottes in Paulo auch recht, das er
spricht (diß brot, den kelch), die laß bede recht und wor sein, sihe
allein, was du da niessest, das du es dem herren zu gedechtnüß niessest,
auff das du durch den glauben das fleisch und blut Christi geistlich
niessest, das ist, gäntzlich glaubest, das du durch solich opffer von
allem übel erlößt und ein kind gottes worden seyest. Wass uns weiter
zu wissen nutz sein mag, würt uns gott wol offenbaren.
Summa summarum ist, halt dich der wort des herren und thu in kein
gewalt, allein bedenck dabey, das das fleisch kein nütz ist und das alles
leyplichs hie sich auffs geistlich zeücht; Essen und trincken heist dich
der herr, das ist leyplich, aber allein darumb, das du sein, der sein leyb
und blut für dich geben hat, gedenckest, im glaubest, danckest und
gehorsamest. Davon Psal. 22 [27]: laß essen die ellenden, das sye sat werden,
und rhümen den herren, die nach im fragen; ewer hertz müsse leben ewigklich. Hieher
L 2 b muß es sich worlich alles schicken, hier | auff zeücht sich alles, was die
götlich schrifft inhalt. D. Martin Luther hat auch alweg also auff den
geist und glauben gerichtet was er hievon je geschriben hat144, darumb
billich D. Carlstadt seine spitzige, neidische und leichte wort wider in
gespart hette.
Aber gott gebe, das nit auff disem teyl auch seyen, die in selb zu wol
gefallen und meinen, es sey inen schandtlich, von einmal gepredigter
meinung etwas abzuweichen, dadurch sye dann gewaltigklich zu handlen
underston und die armen gewissen mer weiter verwicklen dann von
Man will nur schrifft, das irthumb außwicklen. Gott sey lob, das ansehen der person ist ser
ansehen der person gilt gefallen; man will nit me darumb gleich glauben, das mein herr doctor,
predicant oder pfarrer gesagt hat. Hastu nit clare schrifft, so far gemach,
s) Mas AB.
144. Luthers frühe Abendmahlsauffassung, auf die B. hier rekurriert, ist am deut-
lichsten in seinem Sermon vom Neuen Testament (1520) ausgedrückt: WA 6,359ff.
Vgl. H. Graß: Die Abendmahlslehre bei Luther und Calvin. 1954. S. 19ff. B.s Ge-
dankenaustausch darüber mit Zwingli vgl. CR Zw 3, S. 179.
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