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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0271
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GRUND UND URSACH

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mag nützlich sein, das alweg bewysen werd, das der sabbath umbs
menschen willen ist und nit der mensch umbs sabbaths willen, der
dann mit Christo ein herr des sabbaths ist185 und solle, so er jemant
nützen mag, sich Christlicher freyheit wüssen zu brauchen, nit wie die
5 juden und ire nachkomlich186, die papisten meinen, so sich etwan zu-
triege auff den Sonnentag, dem nechsten etwas nutzlichs zu thun, man
breche dadurch die feyre.
Wo aber nun jemant sagte, im gesatz seind mer feyrtag gewesen, als
zun ostern, der erst und letst von siben tagen, in denen man ungeseürt
10 brot essen müste, der tag der erstlingen, der erst und zehend tag des
sibenden monats und siben gantzer tag des fests der lauber hütten, in
wölchen sy haben sollen rugen und götlich guthaten mit dancksagung
bedencken187, vermöchte dann nit auch die frey lieb zu gott und zum
nechsten, das man neben dem Sonnentag doch die feyr der weinachten,
15 beschneydung des herrn, dreykönigtag, auffartstag hielte?
Antwort: götlich guthaten, so man vermeint auff solche | tag zu be- O 1 a
dencken, sollen die Christen täglich bedencken und nit on alle schrifft
solchen gedechtnussen eigen zeyt setzen, sust würt der einfaltig hauff
gleich wider zu den schatten, bildern und dürfftigen satzungen eüsser-
20 licher ding gefüret und gewenet, auff ein tag mer dann auff den andern
zu halten. Wölchs die lieb nit tulden mag, wölche nichs anrichtet, es
muge dann besserung bringen, nun mag aber nichs besserung bringen,
das on ein wort gottes würt fürgenomen. So meldet das gesatz nit, das
gemelte feyrtag durch Mosen neben dem sibenden tag zu rug dem vih,
25 diensten und gesind seyen auffgesetzet, das die lieb darumb bey uns
Christen gleich feyrtag setzen müsse188.
Doch so man täglich predigt, die herrn sollen irem gesind gleichs
thun und dencken, das sye auch ein herrn haben, würt es nit feien, die
dienst werden wol als zu vil feyren haben, als die under dem gesatz.
30 Vil hantwerck haben alle wochen ein halben laubertag, so dann das
gesind gemeincklich bey uns frey ist, mag es seiner herschafft wol als vil
feyrtag an dingen als es wil, das die lieb worlich kein feirtag weiters er-
heischt und eben gemelte jartag, als mans nennet, weinachten, newen jars-
tag und dergleichen nit dulden mag, dann durch solche feyr der irthumb
35 nach als erhalten wurde, als ob ein tag mer gilte dann der ander, dazu ist
deren fest keins, es hat sonder aberglauben und üppigkeit anhangen.
Als zu weinachten leütet man die schrecke, do muß wasser wein sein,
frisset und sauffet nach der drey gemeßten metten und treibet die feyrtag
auß allen pracht und üppikeit. Auff die beschneidung gibt man auff

185. Mc 2,27-28. 186. Nachkommen. 187. Vgl. Ex 23,14-17.
188. B. vertritt radikal den Standpunkt, daß außer den Sonntagen keine Ruhetage
sein dürfen. Die Zünfte hatten ohnehin ihren freien Tag.
 
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