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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0380
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3 76

12. GUTACHTEN FUR DEN ULMER RAT

e/fVonn etlicher gelerten »meinüng, die Concubinische beysitz1 vergunnen* de-
nenn, die yren gemaheln nit wölten guth thunh
Es seind etliche gelerte vnnd gotsehge zu diesen zeiten, die, angesehen1 der men-
schen vngleicheyt vnnd das die, so1 regieren, by bösen vnnd guten, so vil möglich,
ein ordenlich leben anrichten vnnd erhalten sollen, schreiben, das weltliche Ober-
keyt mn dem vor got entschuldigt were, wann sie nach dem exempel Mose den hals-
sterrigen, die ire gemahel gar nit wölten2 vnnd auch sunst, keüsch zu leben, nit ver-
möchten, einen ordenlichen concubinischen bysitz vergünneten, Aber kein ander
ehweib könde man lm zulassen, dan solche eh mt were einzusegnen, als die wider
kdas wort Christi were^, der scheydung alleyn, wie sie sagen, von wegen des eh-
bruchs zugibt3, Dazu wo man sohchen, andere ehweiber zu nemmen, gestattete,
würde I 8jv I inen der weg zur büß verschlossen, dan so sie büssen wölten, müsten
sie lre vongen weiber wider nemmen, So weren aber nun, die nach der hand4 ge-
nommen, auch lre ehweiber, die sie mt lassen könden, damit würden sie an der büß
verhindert5.

e) Der Abschnitt, der mit »Vonn etlicher gelerten meinüng ...« (fol. 831) beginnt und mit »... al-
weg weger ist gescheiden, dan behaltenn.« (fol. 851) endet (S. 376,1—379,19), fehlt m Ed. 1—3.
f) —f) Uberschrift von Bucer am unteren Seitenrand notiert und eingewiesen m a.
g) — g) mainungen, Concubimschen besitz, vergönnung: b. — h) guets: b. — 1) sehen: b.
j) übergeschr. und eingewiesen m a. - k)-AJ die Lehr Chnsti weren: b.
1. Umgang, Verkehr, Beischlaf. Vgl. Grirnm 1, Sp. 1393.
2. Gedacht lst wohl an dic Dtn 24,1 angesprochene Abneigung des Mannes.
3. Es lst mcht klar, auf welche Schriften Bucer sich beziehen könnte. Seine Behauptung mutet ei-
genartig an, denn die Duldung eines ncben einer Ehe bestehenden Konkubinatsverhältmsses war 1m
späten Mittelalter sowie m der frühen Neuzeit sowohl zivilrechthch als auch nach kanomschem
Recht (vgl. etwa Decr. Grat. I, Dist. 34, c. 6, Friedberg I, Sp. 127; Decr. Grat. II, C. 32, qu.2, c. 12,
Fnedberg I, Sp.1123; Decr. Grat. II, C. 32, qu.4, c.9, Fnedberg I, Sp. 1129!.) vollkommen ausge-
schlossen. Gerade 1m 1 5. und im 16. Jahrhundert wurde schon das bloße Konkubinatsverhältms an
sich mcht nur seitens der Kirche, sondern zunehmend vom Staat einer lmmer stärkeren Strafverfol-
gung ausgesetzt. Die Befürwortung eines neben der Ehe bestehenden Konkubinats wäre 1m Kon-
text der damahgen Rechtsgelehrsamkeit eine äußerst ungewöhnhche Meinung gewesen. Das weltli-
che Straßburger Stadtrecht sah schon 1337 Sanktionen gegen das Konkubinat vor, ebenfalls das
Ulmer Stadtrecht. Ausführhch hierzu vgl. Becker, Die mchtehehche Gemeinschaft m der Rechtsge-
schichte, S. 21 —30; Göggelmann, Das Strafrecht der Reichsstadt Ulm, S. 127h Die von Brundage,
Law, Sex, and Chnstian Society, S. 444—447 zitierten Stimmen des 14. Jahrhunderts zur Tolerierung
des Konkubinats beschränken sich ausdrückhch auf das an Stelle einer Ehe — und mcht neben der
Ehe — bestehende Konkubinat.
4. später, nachher. Grimm 10 (= IV,2), Sp. 348.
5. Vgl. Decr. Grat. II, C.34, qu. 1 et 2, c. 3, Friedberg I, Sp. 1258 und Liber Extra, lib.4, tit. 21,
c. 1-5, Friedberg II, Sp. 730h, dic allerdings keine Bestimmungen zum Ausschluß aus der Buße ent-
halten.
 
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