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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0519
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I J. ARGUMENTA BUCERI PRO ET CONTRA

5D
erste einsetzung der eh, wie es der herr selb zeuget, vnd ist derohalben alleweg265 ein
ehebrechen gewesen; noch266 wie der herr bey den alten, ärgers zuvorkomen267, so-
liche ehscheydung auch erfordert hat vnd nit allein zugelassen, wie wir Maleachi
2[i6] lesen, nemlich268 wenn die menner zu iren weybern ia nicht liebe hatten noch
haben wolten,269 also sind bey vns nit wenige recht gottesforchtige vnd verstendige
leut, die nit zweyflen, soliche ehscheydung solte unsern harthertzigen gleich so
wol270 nachgelassen271 werden, als sie den alten nachgelassen worden ist. Dann sie
billich leydelicher272 achten, das geringere vnd weniger nachteylige ehverbre-
chen273 zuzugeben denn das schwere vnd verderbliche. Es ist ein mal ein ehebruch,
wann die ehhche liebe, die die allervolckommste sein soll, etwas verletzet wirdt.
Nun wirdt aber die ia fil schwerer verletzet, so einer ein weyb an stadt seines ehge-
mahles hat vnd ir aber keine ehliche trew noch liebe beweyset, sondern mer quelet
vnd marteret, dann so er sie, weil er ir doch nit möge, frey von sich lesset, da mit sie
auch etwa einem vberkome, der ir auch ehliche trewe leystet. Vnd dis würde freyhch
ein iedes recht erbare fromme weyb lieber haben. Dem herren hegt ia daran nicht,
das zwey vnder dem namen der eh bey einander leben, sondern das sie in höchster
liebe vnd als ein fleisch mit einander leben. Vnd derohalben, weil der hebe gott die
eh vnd alle seine ordnung den menschen gegeben, umb irer, der menschen I 27 I wil-
len vnd men zu gut verordnet hat, also das auch der sabbath, der doch zum gottes-
dienst geheyliget war, hat menschlicher noturfft274 weichen sollen,275 so hat er auch
aus seiner milte276, dem doch alles, das nit zum besten ist, an 1m selb alleweg missfal-
let, lieber die ehscheidung, so an ir selb nit recht, weil sie der ersten einsetzung der
eh vngemess ist, den menschen nachgegeben, wie er im auch m filen andern dingen
nachgibt, das an im selb besser anders were, auch der ersten schöpfung vnd verord-
nung des menschens entgegen, denn das er die menschen hette verderben lassen, den
manne durch sein stetiges vnd gantz geferlich ehbrechen, das er 1m vbelhalten277 sei-
nes weybs begangen hette, vnd das weyb, durch soliche ires mannes tyranney vnd

265. immer.
266. dennoch.
267. um Ärgerem zuvorzukommen.
268. zum Beispiel.
269. Diese Wiedergabe der dunklen Stelle Mal 2,16 entspricht dem Wortlaut der Vulgata (»Cum
odio habueris dimitte dicit Dominus Deus Israhel«) und der Septuaginta. Sinnähnlich übersetzte
Luther: »Wer ir aber gram ist, der lasse sie faren« (Wittenberger Bibelausgabe von 1545). Erheblich
anders mterpretieren aber die modernen Fassungen der Luther- (»Wer lhr aber gram lst und sie ver-
stößt, spricht der Herr ...«) sowie der Zürcher Übersetzung (»Denn ich hasse die Scheidung,
spncht der Herr ...«) das schwienge masoretische Onginal. Vgl. oben S. 232, Anm. 5.
270. ebenso gut.
271. erlaubt, zugestanden.
272. erträghcher.
273. Ehescheidung als Ehebrechen.
274. Bedürfnis.
275. Mk 2,27.
276. Güte, Gnade.
277. Mißhandlung. Grimm 23 (= XI,2), Sp. 38.
 
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