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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0557
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Nr. 17
Gutachten Bucers zur Gültigkeit
widerstreitender Eheversprechen
[zwischen 1535 und 1541?]

Einleitung
Das folgende Gutachten schrieb Bucer nieder, nachdem die Straßburger Theologen
offenbar vorher bereits mündlich tn diesem Fall um lhre Stellungnahme gebeten
worden waren. Aus welchen Gründen dann noch die schnfthche Äußerung verlangt
und diese von Bucer allein aufgesetzt wurde, läßt sich nicht mehr feststellen.
In dem Gutachten äußert sich Bucer zu etnem Fall, m welchem eine Frau zwei
verschiedenen Männern die Ehe versprochen und beide Versprechen durch den
Vollzug des ehelichen Beischlafs jeweils bestätigt hat. Die Frau, von Beruf Heb-
amme, wolle nun die Verbindung mit dem zweiten Partner, einem Töpfer, als die
einzig gültige aufrechterhalten und diese bestätigen lassen. Dieser strebe dagegen
eine Außerkraftsetzung seines Verlöbmsses an, da er sich getäuscht fühle und weil
die Demütigung der über seine Braut verhängten Pranger- und Feibesstrafe sich
nachteilig auf seinen beruflichen Erfole auswirken könnte.
Auf diese knappe Schilderung des Falles läßt Bucer folgende ausführhchere Uberle-
gungen folgen: Die Hebamme habe schweres Unrecht begangen, mdern sie das erste
Eheversprechen auf unverantwortliche Weise - unter gezieltem Einsatz von Alko-
hol und durch die absichtliche Täuschung des Partners - erreicht und anschheßend
den Beischlaf mit diesem vollzogen habe, ohne das Verlöbms ordnungsgemäß mit
dem Kirchgang vorher bestätigt zu haben. Darüber hinaus habe sie es vor dem zwei-
ten Eheversprechen unterlassen, das unentschuldigte Weggehen lhres ersten Ehe-
mannes, eines Scherers, beim zuständigen Ehegericht anzumelden und zu beanstan-
den. Schließlich wäre dies als »desertio malitiosa« ein berechtigter Grund für eine
Ehescheidung gewesen. Angesichts ihrer Vergehen habe der Straßburger Rat zu
Recht die Prangerstrafe verhängt [n8v].
Sogleich betont Bucer aber, daß eine solche Strafe keineswegs ein Eheverbot für
die Hebamme impliziere, habe sie doch gemäß I Kor 7,2 Anspruch auf einen Ehe-
partner. Anfragen bei den zuständigen Ehegerichten hätten bestätigt, daß das Ehe-
versprechen des ersten Mannes, eines gewissen Niklaus N., ungültig war, da es ohne
die Zustimmung seines Vaters gemacht worden war. Aber da die Hebamme vom Va-
ter des Scherers keine Kenntnis hatte und ihres Wissens eine gültige Ehe schloß,
könne man lhr zu Recht vorwerfen, zwei Männer geheiratet zu haben.
Trotz des schuldhaften Verhaltens der Hebamme besteht Bucer darauf, daß das Ver-
löbniszwischen lhrund demTöpfer bindend sei. DerTöpferhabejasein Eheverspre-
 
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