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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0560
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556

17. WIDERSTREITENDE EHEVERSPRECH EN

drunckenheit vnd anderen bösen finantzen14 angefenget15, auch, wider den brauch
aller erbarkeit, eerr16 dann alles der ehe halb, wie recht vnd christhcher brauch17, be-
schlossen, beigelegen ist18.
Furs ander,19 das sie, nach dem der scherer hingezogen ist20 - mit dem sie doch,
so fil an ir, ein volkomen ehe gemacht21 -, vnersuchet die oberkeit22, welche sie des
scherers frey erkennet hette23, mit gleicher leichtfertigkeit die ehe auch mit dem
kachler beschlossen, vnd aber, eer dann sie zu kirchen gangen24 - wiewol sie gewüßt,
das ir hanndel25 \ 128V \ irrig vnd der rechtfertigung bedörffte, beigelegen ist26. Dise
so grobe vnfuge vnd schmahe der hfeihgen] Ehe, auch gantz böß vnd ergerlich ex-
empel, haben vfnsere] g[nädig]en herren27 billich28 gestraffet29.
Hiemit aber haben sie ir die ehe nit abstricken30 wollen, wie auch memand solichs
zu thun hat, nach dem der hfeilige] Paulus sagt: »Zuvermeiden bulerey, hab leder
sein weib vnd iede iren mann«31.

14. Ränken, Listen, Betrügereien.
15. Vermutlich ist hierbei von dem Verlöbms mit dem Scherer die Rede. Vgl. unten S. 5 59,9 — 12.
16. eher.
17. Zur Folge Verlöbnis-Kirchgang-Beischlaf vgl. auch oben S. 543,11-15.
18. den Beischlaf vollzogen hat.
19. Zum zweiten.
20. weg-, fortgezogen lst, d. h. sie verlassen hat.
21. d. h. durch Eheversprechen und Vollzug der geschlechthchen Gemeinschaft.
22. sc. ohne die Obrigkeit zu fragen. Grimm 3, Sp. 1026.
23. Schon in ihrem frühesten überlieferten Ehegutachten (vgl. oben Nr. 1, S.27-29) gewährten
die Straßburger Prediger die Ehescheidung wegen böswilhgen Verlassens (»desertio malitiosa«).
Bucer widmete diesem Thema auch einen Abschmtt seiner großen Ulmer Eheschnft (vgl. oben
S. 369,16-373,8). Hierzu vgl. auch Dieterich, Das protestantische Eherecht, S.71 f. und 105 f.; TRE
9, S. 339 und 343; Selderhuis, Huwelijk, S. 325-329 (= Marriage, S. 290-294) und Wendel, Le ma-
riage ä Strasbourg, S. 152 —156.
24. Schon das gegenseitige Eheversprechen vor Zeugen (»Verlöbms«) begründete 1m ausgehen-
den Mittelalter eine gültige Ehe (vgl. van Dülmen I, S. 141 und 144; Ozment, When Fathers Ruled,
S.25); die öffenthche kirchhche Einsegnung der Ehe — worauf die Kirche schon seit dem 13. Jahr-
hundert drängte (vgl. DS 817) — verlieh der ehehchen Verbindung m den Augen der Zeitgenossen
ein höheres Maß an Legitimität. Zum Traugottesdienst als Bestätigung der Eheschhcßung vor der
Öffentlichkeit vgl. auch TRE 9, S. 339 und 341.
25. Handeln.
26. den Beischlaf vollzogen hat.
27. der Straßburger Rat. Zur Struktur der Straßburger Stadtregierung vgl. Winckelmann, Straß-
burgs Verfassung, S. 515-537; Greschat, Bucer, S.60; Schindling, Hochschule, S. 19-21.
28. zu Recht.
29. sc. durch das Stehen am Pranger (vgl. oben S. 555,12k) und das öffentliche Ausschlagen mit
Ruten (vgl. unten S. 560,2 k).
30. untersagen, entziehen, vorenthalten.
31. Vgl. I Kor 7,2.
 
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