Text
I 12 8r I aRahtschlag uber die begerte Ehe frouen [ ]b, der hebammen, vnd N., des
kachlers*
Die frou begert [ ]c, den kachler , zur ehe, dann er ir die ehe, so ferrn ir ehberedung
mit Niclaus, dem scherer2 gesellen von Araw3, zuvor beschehen, nicht irre4 oder
binde, zugesagt habe.
Nun, so hab sich im rechten erfunden laut des vrtheil brieues der eherichter zu
Araw5, das die Eheberedung mit dem Niclausen, scherer, sein, des scherers, halb nit
hat konden binden oder krefftig sein, als der noch seinen vatter gehebt, der dauon
nichs gewüßt, auch hernaher6 nit hat drein bewilligen wöllen.7
Der kachler begert, ledig8 zu sein, dann er aus vnwissen gehandelt vnd der frouen,
so er die zur ehe haben solte, an seinem handwerck, darumb das sie am halseisen ge-
standen9, nachteil leiden müßte.
So wir dann nun bedertheil fug vnd vnfug10, auch die eigenschaft1 11 der ehe gegen
einander vnd ann ir12 selbs erwegen, finden wir:
Erstlich, der Frouen halb, das sie wider die ehe schwerlich mishandlet13 hat, fur
eins^, das sie ein solche gotsehge sach mit so leichtfertigem anreitzen mit behelff der
a) —a) Bei dieser Uberschnft handelt es sich möglicherweise um das ursprünghche Dorsale.
b) Für den Namen wurde möghcherweise eine Lücke m der Überschrift gelassen.
c) Für den Namen wurde eine Lücke 1m Text gelassen.
d) korr.
1. Töpfer.
2. Barbier, Fnseur. Ein »Scherer« nahm auch Aufgaben eines Wundarztes oder Chirurgen wahr.
3. Aarau, knapp 40 km westhch von Zürich gelegen. — Zu den reformatorischen Gebieten Zü-
rich, Aargau, Bern vgl. Jedin/Latourette/Martin, Atlas, S. 73, Karte: Die obngkeithche Einführung
der Reformation m Deutschland bis 1370.
4. hindere, hemme. Gnmm 10 (= IV,2), SP.2163L
5. Ein Aarauer Ehegencht bestand spätestens seit Jum 1535. Die Protokolle dieses Genchtes sind
leider mcht mehr vorhandcn. Vgl. Köhler, Zürcher Ehegencht I, S. 352.
6. nachher, später.
7. Wie andere Reformatoren (vgl. Dieterich, Das protestantische Eherecht, S. 56—59 und 94—96)
forderte Bucer schon früh die elterhche Zustimmung für die Schheßung einer gültigen Ehe; vgl.
oben S. 66,1-3 und 78,10-83,19. Vgl. auch Koch, Studium Pietatis, S. 134, und Wendel, Le Mariage
ä Strasbourg, S. 100—107.
8. freigesprochen.
9. am Pranger gestanden; vgl. Grimm 10 (= IV,2), Sp. 259 f. — Das Straßburger Sittenmandat vom
25. August 1529 sah das Stehen am Pranger für besonders schwere Vergehen vor, etwa für den drei-
maligen Ehebruch. Vgl. Köhler, Zürcher Ehegericht II, S. 392.
10. Recht und Unrecht.
11. Eigenheit.
12. sich.
13. schweres Unrecht begangen, sich schwer vergangen.
I 12 8r I aRahtschlag uber die begerte Ehe frouen [ ]b, der hebammen, vnd N., des
kachlers*
Die frou begert [ ]c, den kachler , zur ehe, dann er ir die ehe, so ferrn ir ehberedung
mit Niclaus, dem scherer2 gesellen von Araw3, zuvor beschehen, nicht irre4 oder
binde, zugesagt habe.
Nun, so hab sich im rechten erfunden laut des vrtheil brieues der eherichter zu
Araw5, das die Eheberedung mit dem Niclausen, scherer, sein, des scherers, halb nit
hat konden binden oder krefftig sein, als der noch seinen vatter gehebt, der dauon
nichs gewüßt, auch hernaher6 nit hat drein bewilligen wöllen.7
Der kachler begert, ledig8 zu sein, dann er aus vnwissen gehandelt vnd der frouen,
so er die zur ehe haben solte, an seinem handwerck, darumb das sie am halseisen ge-
standen9, nachteil leiden müßte.
So wir dann nun bedertheil fug vnd vnfug10, auch die eigenschaft1 11 der ehe gegen
einander vnd ann ir12 selbs erwegen, finden wir:
Erstlich, der Frouen halb, das sie wider die ehe schwerlich mishandlet13 hat, fur
eins^, das sie ein solche gotsehge sach mit so leichtfertigem anreitzen mit behelff der
a) —a) Bei dieser Uberschnft handelt es sich möglicherweise um das ursprünghche Dorsale.
b) Für den Namen wurde möghcherweise eine Lücke m der Überschrift gelassen.
c) Für den Namen wurde eine Lücke 1m Text gelassen.
d) korr.
1. Töpfer.
2. Barbier, Fnseur. Ein »Scherer« nahm auch Aufgaben eines Wundarztes oder Chirurgen wahr.
3. Aarau, knapp 40 km westhch von Zürich gelegen. — Zu den reformatorischen Gebieten Zü-
rich, Aargau, Bern vgl. Jedin/Latourette/Martin, Atlas, S. 73, Karte: Die obngkeithche Einführung
der Reformation m Deutschland bis 1370.
4. hindere, hemme. Gnmm 10 (= IV,2), SP.2163L
5. Ein Aarauer Ehegencht bestand spätestens seit Jum 1535. Die Protokolle dieses Genchtes sind
leider mcht mehr vorhandcn. Vgl. Köhler, Zürcher Ehegencht I, S. 352.
6. nachher, später.
7. Wie andere Reformatoren (vgl. Dieterich, Das protestantische Eherecht, S. 56—59 und 94—96)
forderte Bucer schon früh die elterhche Zustimmung für die Schheßung einer gültigen Ehe; vgl.
oben S. 66,1-3 und 78,10-83,19. Vgl. auch Koch, Studium Pietatis, S. 134, und Wendel, Le Mariage
ä Strasbourg, S. 100—107.
8. freigesprochen.
9. am Pranger gestanden; vgl. Grimm 10 (= IV,2), Sp. 259 f. — Das Straßburger Sittenmandat vom
25. August 1529 sah das Stehen am Pranger für besonders schwere Vergehen vor, etwa für den drei-
maligen Ehebruch. Vgl. Köhler, Zürcher Ehegericht II, S. 392.
10. Recht und Unrecht.
11. Eigenheit.
12. sich.
13. schweres Unrecht begangen, sich schwer vergangen.