Nr. 18
Gutachten Bucers und Capitos zu Ehescheidung und Wiederheirat
[vor dem 4. November 1541]
Einleitung
1. Entstehung und Inhalt
Die folgende Schrift stellt das einzige überlieferte Gutachten Bucers und Capitos
dar, das sich mit Eheproblemen, die sich aus der kriegsbedingten Abwesenheit eines
Militärangehörigen ergeben, befaßt.1 Zugleich bietet dieser Fall Ähnhchkeiten mit
früheren Ehefragen, die an Bucer herangetragen worden sind: Es geht zum einen um
die grundsätzliche, vom kanonischen Recht verneinte Frage, ob em Geschiedener
wieder heiraten dürfe - eine Frage, die die Straßburger Prediger wie die übngen Re-
formatoren schon früh unmißverständhch bejahten2 zum anderen aber auch um
die viel problematischere Frage, ob man diejemge Person heiraten dürfe, mit der
man Ehebruch begangen hatte.3 Wie tm vorigen Gutachten4 wurden die Straß-
burger Prediger vom dortigen Ehegencht aufgefordert, zu diesem Fall Stellung zu
nehmen.
Die Schilderung des Falles - die ledtglich aus der Perspektive des betroffenen
Hauptmanns geboten wird - fällt verhältnismäßig kurz aus und läßt zahlreiche Fra-
gen offen: Ein in Straßburg lebender Mann namens Dantel Silberkremer5 habe sich
aufgrund seiner unglücklichen Ehe gezwungen gesehen, tn den Krieg zu ziehen
[130^]. Dieses militärische Abenteuer habe sich für ihn ftnanziell ausgezahlt; sem
neuer Wohlstand habe jedoch nicht vermocht, eine Versöhnung mit seiner Frau zu-
stande zu bringen. Sie habe vielmehr die Ehescheidung beantragt, und zwar wegen
eines während seines Kriegszuges begangenen Ehebruchs, den er ihr gestanden
habe. Silberkremer sei dennoch willens gewesen, bei seiner Frau zu bleiben und sich
ihr gegenüber korrekt zu verhalten, und habe sie nur aufgrund der von lhr beantrag-
ten und dann schließlich erreichten Scheidung verlassen. Nun wünsche er die Er-
laubnis, erneut heiraten zu dürfen.
Zu Beginn ihrer Antwort heben Bucer und Capito die Pfhcht emer christhchen Ob-
rigkeit hervor, dem Geschiedenen eine erneute Heirat zu erlauben, für den Fall, daß
1. Dieses Gutachten wird auch von Selderhuis, Huwelijk, S. 3 56f- (= Marriage, S. 319h) bespro-
chen.
2. Vgl. oben Nr. 1, S. 27-29; vgl. auch Dieterich, Das protestantische Eherecht, S. 69h und 103 f.
3. Hierzu vgl. oben S. 139-142 sowie Nr. 14, S. 477-48 5 und unten S. 567, Anm. 61.
4. Vgl. oben Nr. 17, S. 555-560.
5. Er wird lediglich m der Uberschnft des Gutachtens erwähnt. Zu Damel Suter (Sutor), genannt
Silberkremer vgl. unten S. 564, Anm. 1.
Gutachten Bucers und Capitos zu Ehescheidung und Wiederheirat
[vor dem 4. November 1541]
Einleitung
1. Entstehung und Inhalt
Die folgende Schrift stellt das einzige überlieferte Gutachten Bucers und Capitos
dar, das sich mit Eheproblemen, die sich aus der kriegsbedingten Abwesenheit eines
Militärangehörigen ergeben, befaßt.1 Zugleich bietet dieser Fall Ähnhchkeiten mit
früheren Ehefragen, die an Bucer herangetragen worden sind: Es geht zum einen um
die grundsätzliche, vom kanonischen Recht verneinte Frage, ob em Geschiedener
wieder heiraten dürfe - eine Frage, die die Straßburger Prediger wie die übngen Re-
formatoren schon früh unmißverständhch bejahten2 zum anderen aber auch um
die viel problematischere Frage, ob man diejemge Person heiraten dürfe, mit der
man Ehebruch begangen hatte.3 Wie tm vorigen Gutachten4 wurden die Straß-
burger Prediger vom dortigen Ehegencht aufgefordert, zu diesem Fall Stellung zu
nehmen.
Die Schilderung des Falles - die ledtglich aus der Perspektive des betroffenen
Hauptmanns geboten wird - fällt verhältnismäßig kurz aus und läßt zahlreiche Fra-
gen offen: Ein in Straßburg lebender Mann namens Dantel Silberkremer5 habe sich
aufgrund seiner unglücklichen Ehe gezwungen gesehen, tn den Krieg zu ziehen
[130^]. Dieses militärische Abenteuer habe sich für ihn ftnanziell ausgezahlt; sem
neuer Wohlstand habe jedoch nicht vermocht, eine Versöhnung mit seiner Frau zu-
stande zu bringen. Sie habe vielmehr die Ehescheidung beantragt, und zwar wegen
eines während seines Kriegszuges begangenen Ehebruchs, den er ihr gestanden
habe. Silberkremer sei dennoch willens gewesen, bei seiner Frau zu bleiben und sich
ihr gegenüber korrekt zu verhalten, und habe sie nur aufgrund der von lhr beantrag-
ten und dann schließlich erreichten Scheidung verlassen. Nun wünsche er die Er-
laubnis, erneut heiraten zu dürfen.
Zu Beginn ihrer Antwort heben Bucer und Capito die Pfhcht emer christhchen Ob-
rigkeit hervor, dem Geschiedenen eine erneute Heirat zu erlauben, für den Fall, daß
1. Dieses Gutachten wird auch von Selderhuis, Huwelijk, S. 3 56f- (= Marriage, S. 319h) bespro-
chen.
2. Vgl. oben Nr. 1, S. 27-29; vgl. auch Dieterich, Das protestantische Eherecht, S. 69h und 103 f.
3. Hierzu vgl. oben S. 139-142 sowie Nr. 14, S. 477-48 5 und unten S. 567, Anm. 61.
4. Vgl. oben Nr. 17, S. 555-560.
5. Er wird lediglich m der Uberschnft des Gutachtens erwähnt. Zu Damel Suter (Sutor), genannt
Silberkremer vgl. unten S. 564, Anm. 1.