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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0566
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l8. EHESCHEIDUNG UND WIEDERHEIRAT

seine frühere Frau endgültig bei der Scheidung bleiben wolle und Versöhnungsver-
suche keine Aussicht auf Erfolg hätten. Mit Formulierungen, die an die grundlegen-
den Ulmer Gutachten der friihen 1530er Jahre erinnern, bekräftigen sie das durch
Gen 2,18 und I Kor 7,2 gewährte Recht eines jeden Menschen- auch desjenigen, der
sich etwas habe zuschulden kommen lassen -, einen Partner zu haben, mit dem er in
sexueller Gememschaft leben könne. Auch Ehebrechern soll die erneute Fleirat er-
laubt werden, damit uneheliche Verbindungen, die in einem christlichen Staatswe-
sen mcht zu dulden seien, vermieden werden.
Diese Zugeständmsse an diejemgen, die durch ihre Vergehen eine Ehescheidung
verursacht haben, ändern mchts an der Tatsache, daß sie fiir die begangenen Übelta-
ten aufs strengste bestraft werden müssen [13 ir]. Dies treffe auch für Daniel Silber-
kremer zu: Er habe sich des böswilligen Verlassens schuldig gemacht, als er m den
Krieg gezogen sei. Wenn seine Frau sich ihm gegenüber tatsächlich unangemessen
verhalten habe, hätte er andere Lösungswege suchen müssen, wie etwa selbst die
Scheidung emzureichen, anstatt seine Frau einfach zu verlassen. Darüber hinaus
habe er Ehebruch begangen. Für beide Vergehen müsse er zur Rechenschaft gezo-
gen werden.
Im Anschluß an diese mahnende Forderung bekräftigen Bucer und Capito erneut
das Recht des Flauptmanns, trotz der begangenen Übeltaten wieder heiraten zu dür-
fen [131v], In der umstrittenen Frage, ob er diejenige Frau heiraten dürfe, mit der er
Ehebruch begangen hatte, stimmen sie diesem Vorhaben zu, aber nur deshalb, weil
die unversöhnliche Haltung seiner Frau und nicht das außerehehche Verhältms die
erwiesene Ursache seines endgültigen Weggehens gewesen sei.
Von großem Interesse und von fast apologetischem Klang sind die Überlegungen,
mit denen die Straßburger Prediger ihr Gutachten abschließen. Darin beteuern sie,
daß es dem Willen Gottes gemäß sei, zerstrittene Ehepartner miteinander zu versöh-
nen und zerrüttete Ehen wiederherzustellen. Dies solle auf jeden Faü versucht wer-
den, bevor man eine Ehescheidung in die Wege leitet. Zugleich erinnern sie daran,
daß es darauf ankomme, eine tiefe, alle Bereiche des Lebens umfassende Gemein-
schaft zwischen Mann und Frau zustande zu bringen, und nicht eme nur aus »ge-
zenck vnd marterey« bestehende, vermeintliche »Ehe« wiederherzustellen. Die ei-
genthche Ursache sittlicher Mißstände, bekräftigen Bucer und Capito, sei nicht das
Gewähren einer Heiratsgenehmigung an denjenigen, der ehelos lst und die Ehe
wünscht, sondern das fehlende Bestreben der Obrigkeit, für emen gottgemäßen Be-
ginn der Ehen und für ein gedeihliches Weiterbestehen derselben nach der Ordnung
Gottes zu sorgen.
Dieses Gutachten läßt sich ebenso wie das vorige6 nur schwer histonsch einordnen.
Die Tatsache, daß der Straßburger Hauptmann Daniel Suter, genannt Silberkremer,

6. Vgl. oben Nr. 17, S. 555-560.
 
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