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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 12): Schriften zu Kirchengütern und zum Basler Universitätsstreit (1538 - 1545) — Gütersloh, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30233#0195
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I j62r I Ob die frei- vnnd Reichstedt auch recht haben, gegen den1 Bischofflichen
vnnd andern kirchen, bei ihnen gelegen, die selben zu reformiren2, als wol als die
fursten gegen den Collegien3 vnnd Clostern, in iren gepieten gelegen.4
Damit die warheit in diesser frag desto baß verstanden werde, wollen wir erstlich
5 antzeigen das recht vnnd die eigenschafft der Bischofflichen kirchen, dann auch der
andern kirchen vnnd Closter, vff das man auch recht erkenne, was die ware Refor-
macion der kirchen sei.
Die Bischofflichen Stifft5 6 seint ires herkommens vnnd aller kirchen recht, die wir
in den Canonibus vnnd der Christlichen Keyser gesetzen haben, zu der obersten
io sehlsorge vnnd dem rechten hirten dienst verordnet, furnemblich an die ort vnnd
denen gemeinden vnnd volck, bei welichen sie seint, vnnd dann auch zum dienst de-
ren gemeinden, weliche im Chrysama6 iedes Bischoffs seint, als7 der Bischoffliche
vnnd hohe stifft zu Meintz ist furnhemlich gestiftet vnnd gewidmet, die sehlsorge
der gemeinden zu Meintz zuuersehen mit der lere, Sacramenten I j62v I vnnd christ-
15 licher zucht8 vnnd was zum hirten dienst gehoret. Bei aber vnnd nach diesem dienst
soll dieser Stifft auch sein trewes vffsehen vff die kirchen vnnd gemeinden haben, die
des Mentzischen kreiß sein.
Den vnterschiedt hat es aber, das der Bischoff mit seinen Canoniken9, das ist ge-
regulirten, ordentlichen Clericen, sollen bei seiner hauptkirchen wonen, die selbi-
a) Crysam: b.

1. gegenüber den, m bezug auf die.
2. Das besonders Problematische an dieser Frage aus reichsstädtischer Sicht faßt Schindling, Die
Reformation in den Reichsstädten und die Kirchengüter, S. 80f. zusammen: »Die altgläubigen Stifte
und Klöster in den Städten hielten sich an den Bischof, dieser selbst wurde in seinen oberhirthchen
Rechten gestützt von Kaiser Karl und König Ferdinand, von der Reichtagsmehrheit und vom
Reichskammergencht. Die Frage der geistlichen Güter war für die Städte besonders delikat, weil die
reformatorischen Veränderungen m diesem Punkt nach der altgläubigen Auffassung ganz eindeutig
geltendes Recht der Kirche und des Reichs brachen und also justiziabel waren«; hierzu vgl. auch
Seebaßy Martin Bucers Beitrag, S. 177—181 und Schelp, Die Reformationsprozesse der Stadt Straß-
burg am Reichskammergericht.
3. Kollegiatkirchen, Stiftskirchen; vgl. Haherkern/Wallach I, S. 342.
4. Zur Bedeutung des Schmalkaldischen Bundes für die Stärkung der städtischen gegenüber der
fürstlichen Obrigkeit vgl. Haug-Moritz, Der Schmalkaldische Bund, S. ji6f. und 527-529.
5. sc. die Domstifte, Domkapitel; vgl. Haherkern/Wallach I, S. 156—15 8; Hinschius, Kirchenrecht
II, S. 49-80; Heine, Kirchliche Rechtsgeschichte, S. 379-391.
6. Diözese; Lexer 1, Sp. 1735.
7. wie, zum Beispiel.
8. Zu Bucers Auffassung der Disziphn als drittes Wesensmerkmal der Kirche neben der schrift-
gemäßen Predigt des Evangeliums und der richtigen Verwaltung der Sakramente vgl. oben S. 46,
Anm. 1.
9. Domkanonikern, Domherren.
 
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