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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Haaf, Susanne [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 15): Schriften zur Reichsreligionspolitik der Jahre 1545/1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30652#0017
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Einleitung
Die vorliegende Edition vereint die Schriften Martin Bucers zur Reichsreligionspo-
litik der Jahre 1545/46. Die insgesamt 19 hier veröffentlichten Schriften aus dem
Zeitraum von Mai 1545 bis September 1546 dokumentieren Bucers Haltung zu den
religionspolitischen Entwicklungen am Vorabend des Schmalkaldischen Krieges
und zeigen, daß der Straßburger Reformator auch in diesen Jahren nicht allein als
Theologe die Geschicke der Reformation begleitete und prägte, sondern auch auf
politischer Ebene für ihre Sache stritt. So war Bucer als Gutachter und Gesandter
der Stadt Straßburg, als Kolloquent beim zweiten Regensburger Religionsgespräch,
als Korrespondent des Landgrafen Philipp von Hessen sowie nicht zuletzt als Ver-
fasser gedruckter Schriften in die reichspolitischen Entwicklungen in erheblichem
Maße involviert.
Doch anders als in den Jahren zuvor bestimmten nun die politischen Rahmenbe-
dingungen das Geschehen und drängten die Suche nach einer Einigung in den um-
strittenen theologischen Fragen in den Hintergrund. Die Ara politischer Zwischen-
lösungen im Reich nahm nun ein jähes Ende. Der Kaiser hatte über einen Zeitraum
von fünfundzwanzig Jahren wiederholt finanzielle Unterstützung für Kriege gegen
die Türken und gegen Frankreich benötigt und so dem Schmalkaldischen Bund eine
Verlängerung der Friedstände und eine gewisse Sicherheit im Reich ermöglicht.
Durch den sich anbahnenden Waffenstillstand mit den Türken und den Frieden mit
Frankreich war Karl V. ab dem Jahresende 1544 erstmals seit Luthers Auftreten 1520
in Worms in der Position, auf Kompromisse mit den protestantischen Ständen ver-
zichten zu können. Zudem konnte Papst Paul III. nun endlich zur Aufhebung der
Konzilssuspension bewegt werden und setzte die Eröffnung des Konzils auf den 15.
März 1545 in Trient fest. Fünfundzwanzig Jahre lang hatten die Protestanten an ein
allgemeines Konzil appelliert, dabei jedoch ein freies Konzil im Auge gehabt, wel-
chem auch der Papst unterstand. Nun hatte nicht allein das Kirchenoberhaupt selbst
die Durchführung dieser Kirchenversammlung in die Hand genommen, sondern
auch der Kaiser zeigte seine Unterstützung für dieses Vorhaben deutlich. Auf dem
Reichstag, der vom 15. Dezember 1544 bis zum 4. August 1545 in Worms tagte, er-
höhte Karl V. den Druck auf die Protestanten: Seine Reichstagsproposition sah eine
Behandlung der Religionsfrage nicht mehr vor. Darüber hinaus ratifizierte er im
Frühjahr 1545 die Glaubensthesen der Löwener Theologen, welche Ende 1544 in
Auseinandersetzung mit dem Protestantismus in den Niederlanden entstanden wa-
ren und streng die Grundsätze des alten Glaubens festschrieben. Mit dem Papst ver-
handelte er außerdem bereits geheim über einen Bündnisvertrag für einen Krieg ge-
gen die Protestanten. Unterstützt wurde der Kaiser in seinem Handeln durch laute
Stimmen, die beim Reichstag für ein Ende der Geduld gegenüber den Protestanten
warben. Johannes Cochlaeus etwa wandte sich in einem offenen Brief mit deutli-
chen Worten an die in Worms versammelten Stände. Unmittelbarer Anlaß für sein
Schreiben waren drei Druckschriften Martin Bucers, mit welchen der Straßburger
Reformator bei Kaiser, König und Ständen für ein Nationalkonzil geworben hatte.
»Bone Deus«, lautete Cochlaeus’ umfassende Klage nun, »quantum est hoc pro-
 
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