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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Haaf, Susanne [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 15): Schriften zur Reichsreligionspolitik der Jahre 1545/1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30652#0018
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EINLEITUNG

brum ac dedecus Patriae et Nationi nostrae totique Imperio Romano, quod his duo-
bus Apostatis (Luther und Bucer) tam multa impia et audacia facinora impune per-
mittuntur.«1
Bucer, der die Entwicklungen auf Reichsebene von Straßburg aus mit Sorge ver-
folgte, reagierte darauf in der ersten Jahreshälfte 1545 in vielfältiger Weise: In seiner
Flugschrift >Der newe glaub, von den Doctoren zu Löwen ... fürgegeben< (Nr. 2)
widerlegte er die Löwener Thesen Punkt für Punkt. Cochlaeus’ Brief nahm er im
Sommer 1545 mit der lateinischen Streitschrift >De Concilio< (Nr. 3) zum Anlaß für
eine ausführliche prinzipielle Kritik an dem päpstlichen Konzil, am Lebenswandel
des Papstes und dessen Kurie sowie an seinen eigenen Kontrahenten. Auch der Bitte
der protestantischen Gesandten in Worms um ein Gutachten für eine offizielle Re-
kusationsschrift gegen das Konzil kam er unverzüglich nach (Nr. 1). Es galt, das
päpstliche Konzil mit glaubwürdigen Argumenten abzulehnen und zu beweisen,
daß dieses keinesfalls der seit langem geforderten Kirchenversammlung entsprechen
konnte, da es von Personen initiiert worden war, denen in Glaubensdingen nicht
vertraut werden konnte.
Einen echten Erfolg konnten die Protestanten in Worms jedoch nicht verzeich-
nen. Das bescheidene Mittel der noch nicht gänzlich geklärten Türkenfrage ermög-
lichte ihnen lediglich einen erneuten Zeitgewinn: Zwar war der Kaiser zu einer Be-
handlung der Religionsfrage in Worms weiterhin nicht bereit und blieb bei seiner
Unterstützung des Konzils, doch schrieb er noch einmal ein Religionsgespräch nach
Regensburg aus und verlängerte bis dahin den allgemeinen Frieden. Längerfristige
Sicherheit hatten die Protestanten damit jedoch nicht erlangt: Im Dezember 1545
wurde das päpstliche Konzil ohne protestantische Beteiligung in Trient eröffnet.
Die Ausgangslage für das Religionsgespräch in Regensburg war somit angesichts
des Konzils äußerst unvorteilhaft. Bucer hatte diesem Kolloquiumsplan von Beginn
an nur wenig abgewinnen können, zweifelte er doch an der Aufrichtigkeit der kai-
serlichen Vermittlungspolitik. Dennoch hatte er ein Kolloquium nicht uneinge-
schränkt abgelehnt, sondern den Gesandten in Worms im Sommer 1545 in einem
entsprechenden Gutachten konkrete Empfehlungen mitgeteilt, unter welchen Be-
dingungen einem Kolloquium aus seiner Sicht zugestimmt werden könne (Nr. 5).
Dabei schwebte ihm unter anderem weiterhin eine Veranstaltung in großem Rah-
men vor. Doch von solch einer Aufwertung zu einem Nationalkonzil war das Kol-
loquium, das letztlich in Ermangelung der Unterstützung durch die altgläubigen
Stände per kaiserlicher Machtvollkommenheit einberufen worden war, weit ent-
fernt. Bucer blieb letztlich nur, als Wortführer der protestantischen Seite in kleinem
Kreise mit den schärfsten Gegnern des Protestantismus über die Glaubensfragen zu
diskutieren, welche gleichzeitig bei der Trienter Kirchenversammlung auf der Ta-
gesordnung standen.
Bucers regelmäßige Sendungen an die Dreizehn der Stadt Straßburg dokumentie-
ren die schwierige Gratwanderung der evangelischen Delegierten, ohne einen allzu

. Vgl. Cochlaens, Epistola, Bl. 14b (s. unten S.238,12-15).
 
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