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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Haaf, Susanne [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 15): Schriften zur Reichsreligionspolitik der Jahre 1545/1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30652#0094
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2. DER NEWE GLAUB

forchtet Vnd so mehr sünd sie auff die menschen laden, souil mehr tregt1
jnen dann jr handtwerck, dadurch sie jnen solichs lasts wider abhelffen, wie
sie es fürgeben.
Du aber, frommer Christ, halte dich des worts des Herren: »Sie dienen mir
vergeblich, weil sie leeren der menschen lehre vnd gebott«, Math. 15 [9]. Jtem, 5
das der heilig Paulus schreibt: »So laßt eüch niemand gewissen machen vber
speiß oder vber tranck oder vber eins theils tagen, nemlich den feirtagen oder
Newmonden oder Sabbather, welches ist der schatten von dem, das zükünff-
tig war; aber der corper selbs ist in Christo«, Colos. 2[iü-i7].
Daher haben auch die wahren Faster, die heiligen Vatter, das fasten in jedes 10
gewissen frei gestellet vnd darzü one gebott vermanet.2 Dabei bleibe, lieber
Christ.
Daneben aber soltu dein fleisch mit allen bosen lüsten vnd begirden jmmer
creützigen,3 I Jiija I damit es dem Geist nicht obsige, deinen leib stetigs ca-
steien, das er dem geist vnderthanig seie, Auch zü gepurenden zeiten das be- 15
sonder, war Christlich fasten zum gebett vnnd flehen fleisig halten. Den fal-
schen schein vnd namen des fastens, wie dise Doctoren thün, fliehe. Sie lassen
gefastet sein, wan man allein kein vierfüssiger thieren vnnd kein vogelfleisch,
kein milch vnd eyer vnd nicht zü Nacht isset, aber zü Jmbis4 so vil als sunst
zü Jmbis vnd zü Nacht vnd das aller beste fisch, fleischw, mit anderen mütwil- 20
ligen speisen, sampt dem erweltisten wein.5
Aber die alten Christlichen Kirchen vnd heiligen Vltter haben dis nit fa-
sten, auch nit ein schein des fastens, sonder ein grewlichen hon vnnd gespot
Das alt, war fasten Gottes erkennet vnd zum ernstlichsten verdammet Vnnd das allein für ein
Christlich fasten erkennet, wan sich die menschen die gantze zeit des fastens6 25
haben von allen weltlichen vnd fleischlichen geschefften abgezogen, seind in
der Kirchen in war rew vnd leid der sünden zü samen komen, haben das Got-
w) fehlt m C.

1. trägt ein; bringt ein.
2. Vgl. Eusebius von Caesarea, Historia ecclesiastica V, 24,12—13 (PG 20, Sp. 500—504;
GCS 9/1, S.494); Cassiodorus, Historia ecclesiastica tnpartita IX, 38 (PL 69, Sp. 1154B;
CSEL 71, S. 55y)\Johannes Chrysostomus, In Genesim, c. 1, Hom. 10 (PG 53, Sp. 81—90);
Augustin, Ep. 36 ad Casulanum, c. 14, 32 (PL 33, Sp. 151; CSEL 34/2, S. 50-51); vgl. auch
BDS 11,3, S. 260.
3. Gal 5,24.
4. eine Mahlzeit am Morgen oder am Mittag. Frühneuhochdt. WB 8,1, Sp. 27 f. Im 11. Jh.
wurde es Brauch, an einem Fastentag die Mahlzeit nach der Non, d. h. um drei Uhr nachmit-
tags einzunehmen; vgl. TRE 11, S. 5 5; Thomas von Aquin, Summa theologica 11,2, q. 147, a. 7
(Summa theologica, Bd. 21, S. 349-352).
5. Zu dieser Handhabung vgl. Thomas von Aquin, Summa theologica 11,2, q. 147, a. 8
(Summa theologica, Bd. 21, S. 352-3 5 5); TRE 11, S. 55 f.
6. Traditionelle Fastenzeiten waren die österliche Bußzeit (Quadragesima), die Pfingst-
woche, der dritte Sonntag 1m September sowie der dritte Sonntag 1m Advent; vgl. LThK3 7,
Sp. 1174-1176; LThK3 8, Sp. 764f.; vgl. auch BDS 11,2, S. 283.
 
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