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https://doi.org/10.11588/diglit.30652#0093
2. DER NE¥E GLAUB
Schrifft nit ist mit ausgetruckten worten oder gewissem1 sinne vnd verstand
dargegeben.
Es haben aber noch dennoch2 die Apostel auch etliche lehren vnd ordnun-
gen der Kirchen one Schrifft verlassen. Wol. Wo findet man aber die eigentlich
5 beschriben? Was die heiligen Vatter bis auff Au- I Jija I gustinum für Apostoli-
sche lehren vnd ceremonien vnd zü vnserem heil notwendig allgemeinlich er-
kennet vnd gehalten haben, die weil3 das der heiligen Schrifft gemaß vnd in
der selben sind dargeben, wollen auch wir gern darfür halten. Daran haben
aber dise Doctoren nit genüg, sonder wollen, das wir auch alles das glauben
io vnnd annemen müssen, was der Stül zü Rom beschleüsset vnd definieret, der
freilich nichts schleüßt noch definieret, dann das zü erhalten vnd zü mehren
seine Widerchristliche Tyrannei vnd verderbenden mütwillen dienen mage.
Sihe, ob sie da nit mit disem Schlüssel die abgrund der Hellen wol auffschlies-
sen vnd durch jn in das endtlich verleügnen vnd verwerffen vnsers Herren
15 Jesu Christi füren. Aber ware kinder Gottes werden den Schrein des Papstli-
chen hertzens4 mit seinem schliessen vnd definieren wol faren lassen vnd da-
gegen singen mit dem Psalmisten: »Wann ich schawe auff alle deine gebott, so
werde ich nit zü schanden. Dein Wort ist meines füß leüchte vnnd ein liecht
auff meinem wege«, Psal. 1 ic>[6; 105].
20 Der sechs vnd zwentzgist Louisch Articul
Die einsetzung vnd ordenung der Kirchen, Als von Fasten, Casteien oder Fei-
ren, Messigen5 von der speise vnd der gleichen andere, verbinden oder ver-
stricken den menschen in seinem gewissen vnd vor Gott, Wens schon sach
were, das man die sel- I Jijb I bige verbreche6 heimlich vnd one jemands er-
25 gernuß.
Sihe, wie Widerchristisch! Das solche ordnungen der Kirchen das gewissen
zur sünde nit verstricken, wann sie one verachtung vnd ergernus werden ver-
brochen, haben mit dem güten Gerson auch souil fürnemer Schültheologen
vnd Canonisten erkennet.7 Aber dise Doctoren müssen die maß jrer vatter
30 erfüllen, von denen der Herre sagte: »Sie binden schwere, ontregliche bürden
vnd legen sie den menschen auff den hals, aber sie wollen die selben nit mit ei-
nem finger anregen«, Matth. 2 3 [4].
Aber je strenger dise leüt jre gebott den leüten auffreden, je mehr man sie
1. sicherem; zuverlässigem. Lexer i, Sp.993.
2. noch dennoch: dennoch (Verstärkung). Grimm 13 (= VII), Sp. 872.
3. die weil: insoweit; so lange.
4. Vgl. Liber Sextus, L. 1, tit. 2, c. 1 (Friedberg II, Sp.937); s. auch unten S. 125 Anm. 1.
5. Mäßigen.
6. durchführe; vollziehe.
7. Vgl. Gerson, De vita spintuali ammae, lectio 2 (Dupin 3, Sp. 16f.; Glorieux 3, S. 128 f.);
Burger, Aedificatio, fructus, utilitas, S. 107; vgl. auch den Artikel 26 der Confessio Augu-
stana (BSLK8, S. 102 f.).
Was in der Schrifft
nit fürgegeben, lst
vom Teüfel.
Schrifft nit ist mit ausgetruckten worten oder gewissem1 sinne vnd verstand
dargegeben.
Es haben aber noch dennoch2 die Apostel auch etliche lehren vnd ordnun-
gen der Kirchen one Schrifft verlassen. Wol. Wo findet man aber die eigentlich
5 beschriben? Was die heiligen Vatter bis auff Au- I Jija I gustinum für Apostoli-
sche lehren vnd ceremonien vnd zü vnserem heil notwendig allgemeinlich er-
kennet vnd gehalten haben, die weil3 das der heiligen Schrifft gemaß vnd in
der selben sind dargeben, wollen auch wir gern darfür halten. Daran haben
aber dise Doctoren nit genüg, sonder wollen, das wir auch alles das glauben
io vnnd annemen müssen, was der Stül zü Rom beschleüsset vnd definieret, der
freilich nichts schleüßt noch definieret, dann das zü erhalten vnd zü mehren
seine Widerchristliche Tyrannei vnd verderbenden mütwillen dienen mage.
Sihe, ob sie da nit mit disem Schlüssel die abgrund der Hellen wol auffschlies-
sen vnd durch jn in das endtlich verleügnen vnd verwerffen vnsers Herren
15 Jesu Christi füren. Aber ware kinder Gottes werden den Schrein des Papstli-
chen hertzens4 mit seinem schliessen vnd definieren wol faren lassen vnd da-
gegen singen mit dem Psalmisten: »Wann ich schawe auff alle deine gebott, so
werde ich nit zü schanden. Dein Wort ist meines füß leüchte vnnd ein liecht
auff meinem wege«, Psal. 1 ic>[6; 105].
20 Der sechs vnd zwentzgist Louisch Articul
Die einsetzung vnd ordenung der Kirchen, Als von Fasten, Casteien oder Fei-
ren, Messigen5 von der speise vnd der gleichen andere, verbinden oder ver-
stricken den menschen in seinem gewissen vnd vor Gott, Wens schon sach
were, das man die sel- I Jijb I bige verbreche6 heimlich vnd one jemands er-
25 gernuß.
Sihe, wie Widerchristisch! Das solche ordnungen der Kirchen das gewissen
zur sünde nit verstricken, wann sie one verachtung vnd ergernus werden ver-
brochen, haben mit dem güten Gerson auch souil fürnemer Schültheologen
vnd Canonisten erkennet.7 Aber dise Doctoren müssen die maß jrer vatter
30 erfüllen, von denen der Herre sagte: »Sie binden schwere, ontregliche bürden
vnd legen sie den menschen auff den hals, aber sie wollen die selben nit mit ei-
nem finger anregen«, Matth. 2 3 [4].
Aber je strenger dise leüt jre gebott den leüten auffreden, je mehr man sie
1. sicherem; zuverlässigem. Lexer i, Sp.993.
2. noch dennoch: dennoch (Verstärkung). Grimm 13 (= VII), Sp. 872.
3. die weil: insoweit; so lange.
4. Vgl. Liber Sextus, L. 1, tit. 2, c. 1 (Friedberg II, Sp.937); s. auch unten S. 125 Anm. 1.
5. Mäßigen.
6. durchführe; vollziehe.
7. Vgl. Gerson, De vita spintuali ammae, lectio 2 (Dupin 3, Sp. 16f.; Glorieux 3, S. 128 f.);
Burger, Aedificatio, fructus, utilitas, S. 107; vgl. auch den Artikel 26 der Confessio Augu-
stana (BSLK8, S. 102 f.).
Was in der Schrifft
nit fürgegeben, lst
vom Teüfel.