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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0056
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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

aus freiwilliger andacht tag und nacht zu underschiedlichen stunden gehalten, inen selb
zur besserung, Nit umb pfrunden74 und presentz75 willen, auch nit vor dem volck, das
nichs davon verstanden hette, habens auch nit als ihren kirchendienst, sonder als ire
privatübunge gehalten.
Nun haben die jetzigen Stifftsenger wol ir eigne zal der lectionen, gebett, psalmen und 5
gesang in acht theil abgeteilet: Metten, Laudes, Prim, Tertz, Sext, Non, Vesper, Com-
plet; halten die aber nit underscheidlich zu denen zeitten und wie es die namen und auch
etliche Hymni, zu disen Übungen geordnet, anzeigen und die alten dise Übungen gehal-
ten haben: Welche ire erste solch Religionübung hielten bald nach mitternacht, zu dem
ersten hanenkraen; Die andere kurtz vor tag; Die dritte zur ersten stund des tages; Die 10
vierde zur dritten stund des tages; Die fünffte zur sechsten stund; Die sechste zur neun-
den stund; Die sibend zu abent; Die achte, wans jetz nacht war und sie an ire rüw gehn
wolten.
| E 3 a | Also das die heben Vetter fast zu jeder dritten stund, zu tag und zu nacht, ire
besondere Religionübung gehalten, und die aber kurtz; die übrige zeit haben sie mit 15
nützlicher arbeit und studiis zübracht, ausgenomen gar wenig stunden, die sie zu ir leibs
rüwe und narung gebraucht. Haben auch allein die lectionen, psalmen, geseng und
gebett gebraucht, die aus gütlicher schrifft genomen oder derselbigen gentzlich gemäs
waren76.
Bei den Stifftsengern aber werden die rechten zeit diser Übungen nit gehalten, reine 20
gütliche materien in den lectionen und geseng nit gebrauchet, weder eigne noch ande-
rer leuten besserung geschaffet. Und wa sie ire pfrunden und presentz on das müchten
haben, sie liessen dise ire übelen zeit77 selb wol bleiben, Wie alle die under inen thün, die
der pfrunden sunst so vil haben, das sie der presentz mangeln mügen. Und über das
alles verkauffen sie dise ire grewel für hohe gotsdienst, haben die pfarren derhalben so 25
jamerlich beraubet durch ire incorporationen78.
In der alten waren Hierarchi79 der kirchen sind die leser und senger im understen grad

74. Pfründen, das sind geldliche Einkünfte aus geistlichen Diensten oder Stellen. Schmidt,
Sp. 269.
75. Bezahlung für Anwesenheit (oft ohne jede eigene Mitwirkung) bei einer geistlichen Hand-
lung, im bes. einer Messe. Grimm 7, Sp. 2072.
76. Im Unterschied zum Breviarium Monasticum entstand im Mittelalter eine besondere Ord-
nung für Säkularkirchen (Breviarium Romanum). Über die Stellung der Reformatoren zu den
Horengottesdiensten vgl. RGG 6, Sp. 435h.; ferner Leiturgia 3. Kassel 1956. S. 99ff. (dort auch
ausführl. Literat.Verz.); vgl. oben, Anm. 73. Leider fehlt bisher noch eine Würdigung der liturgi-
schen Arbeit B.s. Vgl. jetzt: R. Bornert: La Reforme protestante du culte ä Strasbourg au XVIe
siede (1523-1598). Approche sociologique et Interpretation theologique. 3 Bde. Straßburg 1976.
Theol. Diss. (Masch.).
77. Unbequeme, ungelegene Zeiten (zu frühe oder zu späte Stunden).
78. Einverleibung einer Pfarr- oder Stiftspfründe und ihrer Einkünfte in ein Kloster oder Kapitel
(nach Cod. Theod. X, 9, 1-3).
79. Bei den Pdp stieren im höchsten grad der kirchenwürde und niessung der guter, die bei den
Alten im understen grad des Clericats sind gehalten worden. [Marg.J. — Lektoren und Kantoren
(Psalmsänger) erscheinen als Ordines minores zum ersten Mal in den 85 Canones Apostolorum, das
sind Kirchenrechtsregeln als Anhang der Apostolischen Constitutionen, deren 8. Buch die Kirchen-
ordnung Hippolyts und die Clementinische Liturgie enthält (vgl. RGG 1, Sp. 5 i6f.). Die Quellen
 
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