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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0075
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DER CXX. PSALM

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nit thün. Dem konden und solten sie aber damit vorsein90, das sie dis amt der büspre-
dig selb trewlich und ernstlich triben. So dorffte man unser armen schrepler91 nichs
darzü.
Das sie aber, wie auch diser Schandtichter, uns schelten, wir deformieren, da wir uns
5 des reformierens rhümen, Und heben92 vil an uns selbs zu reformieren, des wir nit
achten. Daruff ist nun offt geantwortet. Der reformation halben, die wir lehren, rahten
und treiben, wie auch alles unsers lehrens und lebens begeren wir, uns vor ein jeden
Christlich gericht vorzüstellen. Das wille | H 2 a | aber diser verderbte hauff nit thün.
Sie wollen jederman richten und in der weit von niemand gerichtet werden. Da spricht
10 aber nein zu der, dem der vatter alles gericht zu thün gegeben hatt.
Hie müs auch unser war Canonicum Examen herhalten93, das nit ich erdacht, wie
diser Lugenschreiber abermal mit bewußter onwarheit fürgibt, sonder der h. geist hat
disf in seiner kirchen filfaltig und ernstlich gebotten. Durch wellichs Examen doch allein
das Simoneisch pfrunden kauffen, tauschen und hauffen abgewandt, Und das gesücht
15 und gefürdert würdt das die, so die kirchenlehen94 wollen messen, den kirchen doch
etwaz drumb dienen. Es ist kein freies haus, kein zunfft, kein dorff, kein statt oder
einige freie gemeinde, die jemand müsse zü seinem dienst und besoldung seiner diensten
uffnemen, den sie nit selb auch darzü tauglich erkenne und davon gepürende erfor-
schung gethon habe? Und die lieben kirchen Christi und Christliche Collegia solten die
20 Gottesgaben und stipendia des waren kirchendiensts einem jeden geben, wie in Simo-
neischer gunst oder gewerb dazü dargebe, onerforschet und onbeweret95? So doch die
Keiser und die Papst selb in iren lehenungen96 jedem Collegio des Canonicum Examen
freilassen97.
Sie sagen aber: in disem unserem Examen lassen wir niemand zü, dann der uns gefalle.
25 Antwort: Da hatt meniglich, wer da wil, fürzübringen, was er billich oder onbillich
erkennet, so zeige an, wer mage, wer je durch dis Examen hie verworffen seie, den man
mit Gott hette mögen zülassen? Oder zügelassen, den man solte verworffen haben?
Schelten on bewehren98 ist deren thün, die alles scheltens am schuldigsten sein. Warumb
f) die.
90. Vorbeugen, verhüten.
91. Kärrner. Götze, S. 195: schreplen = mühsam zusammenscharren; Lexer 2, Sp. 790: schref-
fen; Martin-Lienhart 2, Sp. 518: schrepfen.
92. Haben (auch in der Bedeutung: würden haben, hätten).
93. Vom Canonico examine. [Marg.].-Nachdem der Rat der Stadt das Präsentationsrecht für die
Besetzung der Stiftspfründen übernommen hatte, verlangte er seit 1539 von allen Stiftern der Stadt,
ein Examen canonicum (auch: canonicorum) einzuführen. Die Initiative dazu ging von Capito,
damals Dekan von St. Thomas, aus. Der Entwurf für das Municipalstatut, das diese Frage durch
Ratserlaß vom 9. September 1539 regelte, stammt wahrscheinlich von B. Vgl. BDS 7, S. Die
ersten Examinanden waren Laurentius Offner (20. 5. 1540) und Johann Sturm (24. 5. 1540). Vgl.
Röhrich, Gesch. 2, S. 15E und Adam, S. ijof.
94. Lehen, das die Kirche vergibt. Lexer 1, Sp. 1584.
95. Ohne Prüfung und Bewährung.
96. Bei ihren Belehnungen. Lexer 1, Sp. 1862.
97. Als Recht zugestehen.
98. Tadeln ohne Beweis.
 
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