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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0076
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72.

DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

schicken | H 2 b | nit, die feel an disem Examen haben", die iren darzü, hören und
sehen, wie man das halte und was man von den examinierten befrage und richte?
ZUm neunden100 lesteret mich diser Schandtichter grosser wanckelmütigkeit und
onbestendigkeit in der lehre. Und nemlich, das ich, nachdem Zwinglius erlegt101, mich
zu D. Luther gekeret habe in der lehre von Sacramenten in gemein und von der Beicht 5
und vom h. Abentmal, dem ich vor seie entgegen gewesen102. Ist aber offenbar, das
Zwinglius sich selb mit D. Luther der zwei ersten stück halb, als von Sacramenten in
gemein und der beicht, zu Marpurg verglichen hat. So bezeugens auch meine bücher
gnügsam, das ich nie habe gelert, nichs dann brot und wein im h. Abentmal sein und
nicht der wäre leib und das wäre blut Christi103. Mit was Worten aber das seie darzüge- 10
ben,in dem hab ich mich, wie fil andere mer, an etlichen reden, die andere gebraucht,
gestossen, bis der Herr gegeben, das solche reden durch schrifften, und zugegen104 mit
Worten, also sind erkläret worden, das sich die recht gotsverstendigen in dem in glei-
chem verstand gefunden haben. Von der Beicht ist nie kein mißverstand gewesen. Dann
die besondere beicht105 niemand gelert hat zur Seligkeit von nöten und einem jeden 15
gebotten sein; Auch niemand, das sie nit nutz und besserlich seie, wa man sie recht und
christlich gebrauchet.
Und ist abermal dises Schandtichters lugen eine, daz ich ichzet106 zu Wittemberg
habe widerrüffen107. Wiewol ich mich des nit scheme zu bekennen, das ich in der lehre
Christi immer zu lernen begere. Auch warin ich gefehlet - das auch mir als einem men- 2.0
sehen offt widerfaren -, nach dem | H 3 a | herrlichen exempel des lieben Augustini, zu
besseren und zu widerrüffen, wa ich des durchs Gotteswort berichtet werden mage.
99. Beanstandungen haben.
100. Buceri erdichte wanckelmütigkeit und onbestendigkeit in der lehre. [Marg.J.
101. Im Kampf gefallen (gestorben). Lexer 1, Sp. 652.
102. Im Abendmahlsverständnis B.s sind verschiedene Perioden zu unterscheiden. Vgl. dazu
R. Stuppench: Straßburgs Stellung im Beginn des Sakramentsstreits (1524-1525). In: ARG 38.
1941. S. 249ff.; E. Bizer: Martin Butzer und der Abendmahlsstreit. In: ARG 35. 1938. S. 203ff.
und 36.1939. S. 68ff.; Köhler, I, S. 77off. II, S. 432ff.; Adam, S. 77.izzff.; Baum, ]. W., S. 303 ff.;
BDS 1, S. 189. 192; BDS 2, S. 243ff.; Anrich, S. 45h.; /. Rott: Bucer et les debuts de la querelle
sacramentaire. In: RHPR 34. 1954; I. Hazlett: The Development of Martin Bucer’s Thinking on
the sacrament of the Lord’s Supper in its historical and theological Context 1523-1534. Theol. Diss.
(Masch.). Münster 1975.
103. Zwischen 1524 und 1530 hat B. fünf Schriften zur Abendmahlsfrage veröffentlicht (Bibi.
Nr. 9. 13. 21. 26. 27); vgl. BDS 2, S. 295ff. Vgl. H. Bornkamm, Martin Bucers Bedeutung,
S. 18-25.
104. Gegenwärtig (kann zeitlich oder örtlich gemeint sein).
105. Einzelbeichte, Ohrenbeichte.
106. Irgendetwas; »iht« bei Lexer 1, Sp. 1419.
107. Hier geht es um B.s Initiative und Zustimmung zur Wittenberger Konkordie von 1536 (vgl.
H. Bornkamm, Martin Bucers Bedeutung, S. 22). Die >Abconterfeytung< stellt es so dar, als habe B.
mit der Wittenberger Konkordie seine bisherige Meinung geändert, um Luther für seine Absicht
einer allgemeinen Lehrvergleichung zu gewinnen (f. 03a; CCath 31, 1974, S. 63). Es ist bekannt,
daß Engelbrecht damals (1536) scharf gegen die Wittenberger Konkordie Stellung genommen hat.
Dagegen verwahrt sich B.: er habe nichts widerrufen, sei allerdings stets ein Lernender. Das dürfte
der Wahrheit sehr nahekommen. Bei aller kirchenpolitischen Taktik, die zum »Handwerk« gehörte,
gab es für B. gerade im Verständnis des Abendmahls feste Grenzen des Gewissens. Aber auch dieses
stand und steht nicht außerhalb eines ehrlichen Lernprozesses.
 
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