8. MEHRUNG GÜTLICHER GNADEN VND GEISTS
317
Dokument 8
Mehrung götlicher gnaden vnd geists
(30. November 1547)
Die Handschrift, der ein Titel fehlt - an seiner Stelle beginnt sie mit einem Segens-
wunsch ist die Abschrift eines Bedenkens, das Bucer an den Rat der Stadt, bzw. eine
von diesem eingesetzte Ratskommission gerichtet hat. Bucer stellt diese Eingabe im
Namen der Prediger, die mit ihm für die Erneuerung des Lebens der Kirche durch
Gründung von »Christlichen Gemeinschaften« eintreten. Das sind Fagius, Marbach,
Lenglin und Schnell. Die Datierung ist gesichert durch einen Eintrag, der sich auf der
der Handschrift vorhergehenden Seite von der Hand Johannes Lenglins findet, der auch
der Abschreiber unserer Handschrift ist. Auf f. 91a des Bandes AST 168 steht im An-
schluß an die vorhergehende >Ermanschrifft< - auch von Lenglins Hand - die aufschluß-
reiche Notitz: »Sequitur aliud scriptum factum ad senatores quosdam selectos huius
negotii deliberatores; circa festum Andreae eiusdem anni 1547.« Die genannte Schrift,
die vorausgeht, behandelt die gleichen Fragen und ist auf den 11. 11. 1547 zu datieren.
Unsere Handschrift ist um den 30. November 1547 entstanden.
Der Straßburger Rechtshistoriker Johannes Schilter1, ein Freund Philipp Jakob
Speners, hat fast 150 Jahre später diese Schrift Bucers »ex autographo« abgeschrieben
und in Frankfurt am Main drucken lassen unter dem Titel: >Vertheidigung Der so ge-
nandten Collegiorum pietatis, Hiebevor von Martino Bucero, dem berühmten Theo-
logo, im Namen eines gesamten Ehrwürdigen Ministerii der Stadt Straßburg auffgeset-
zet und dasiger Obrigkeit überreichet; Wie solches auß seinen eigenhändigen hinterlas-
senen Schrifften treulich außgezeichnet und nunmehro zum erstenmahl in öffentlichem
Druck ist herauß gegeben worden. MDCXCI.< Ein Zweitdruck erschien bereits 1692,
ein Beweis dafür, welches Aufsehen diese Schrift erregt hat. Der Text AST 168, f. 9ibff.
wurde dann 1934 in Band 18 der »Quellen und Forschungen zur Reformationsge-
schickte« eingehend untersucht und mit Einleitung und Registern veröffentlicht2.
Hier stellt sich uns nun die Aufgabe, einen Text herzustellen, der dem des Bucerschen
Originals möglichst nahe kommt. Auf Grund der vorliegenden Untersuchungen3 läßt
sich mit Sicherheit sagen: Die Lenglinsche Abschrift (Sigel L) wie die Schiltersche
Druckvorlage (Sigel S) gehen zurück auf das nicht mehr vorhandene Original von
Bucers Hand. Schilter bringt Wörter und Sätze, die bei Lenglin fehlen. Außerdem war
dieser, der nicht aus dem Elsaß stammte, ein flüchtiger Abschreiber, der auf die Ge-
nauigkeit wörtlicher Abschrift sehr viel weniger achtete als Schilter, der damals bereits
als Archivar mehrere Handschriften veröffentlicht hatte und mit den sprachlichen
Problemen sowohl des Frühneuhochdeutschen als auch des Alemannischen vertraut
war. Andererseits hat Schilter - oder war es ein Frankfurter Redaktor, unter Umständen
der Drucker selbst? - manchen mundartlichen Ausdruck »verdolmetscht«, d. h. in die
Sprache seiner Zeit übersetzt, was zwar den Text hier und da sprachlich glättete, aber
1. Vgl. ADB 31, S. z66ff.
2. W. Bellardi, Die Geschichte, S. 119-164.
3. W. Bellardi, Die Geschichte, S. 12.4!.
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Mehrung götlicher gnaden vnd geists
(30. November 1547)
Die Handschrift, der ein Titel fehlt - an seiner Stelle beginnt sie mit einem Segens-
wunsch ist die Abschrift eines Bedenkens, das Bucer an den Rat der Stadt, bzw. eine
von diesem eingesetzte Ratskommission gerichtet hat. Bucer stellt diese Eingabe im
Namen der Prediger, die mit ihm für die Erneuerung des Lebens der Kirche durch
Gründung von »Christlichen Gemeinschaften« eintreten. Das sind Fagius, Marbach,
Lenglin und Schnell. Die Datierung ist gesichert durch einen Eintrag, der sich auf der
der Handschrift vorhergehenden Seite von der Hand Johannes Lenglins findet, der auch
der Abschreiber unserer Handschrift ist. Auf f. 91a des Bandes AST 168 steht im An-
schluß an die vorhergehende >Ermanschrifft< - auch von Lenglins Hand - die aufschluß-
reiche Notitz: »Sequitur aliud scriptum factum ad senatores quosdam selectos huius
negotii deliberatores; circa festum Andreae eiusdem anni 1547.« Die genannte Schrift,
die vorausgeht, behandelt die gleichen Fragen und ist auf den 11. 11. 1547 zu datieren.
Unsere Handschrift ist um den 30. November 1547 entstanden.
Der Straßburger Rechtshistoriker Johannes Schilter1, ein Freund Philipp Jakob
Speners, hat fast 150 Jahre später diese Schrift Bucers »ex autographo« abgeschrieben
und in Frankfurt am Main drucken lassen unter dem Titel: >Vertheidigung Der so ge-
nandten Collegiorum pietatis, Hiebevor von Martino Bucero, dem berühmten Theo-
logo, im Namen eines gesamten Ehrwürdigen Ministerii der Stadt Straßburg auffgeset-
zet und dasiger Obrigkeit überreichet; Wie solches auß seinen eigenhändigen hinterlas-
senen Schrifften treulich außgezeichnet und nunmehro zum erstenmahl in öffentlichem
Druck ist herauß gegeben worden. MDCXCI.< Ein Zweitdruck erschien bereits 1692,
ein Beweis dafür, welches Aufsehen diese Schrift erregt hat. Der Text AST 168, f. 9ibff.
wurde dann 1934 in Band 18 der »Quellen und Forschungen zur Reformationsge-
schickte« eingehend untersucht und mit Einleitung und Registern veröffentlicht2.
Hier stellt sich uns nun die Aufgabe, einen Text herzustellen, der dem des Bucerschen
Originals möglichst nahe kommt. Auf Grund der vorliegenden Untersuchungen3 läßt
sich mit Sicherheit sagen: Die Lenglinsche Abschrift (Sigel L) wie die Schiltersche
Druckvorlage (Sigel S) gehen zurück auf das nicht mehr vorhandene Original von
Bucers Hand. Schilter bringt Wörter und Sätze, die bei Lenglin fehlen. Außerdem war
dieser, der nicht aus dem Elsaß stammte, ein flüchtiger Abschreiber, der auf die Ge-
nauigkeit wörtlicher Abschrift sehr viel weniger achtete als Schilter, der damals bereits
als Archivar mehrere Handschriften veröffentlicht hatte und mit den sprachlichen
Problemen sowohl des Frühneuhochdeutschen als auch des Alemannischen vertraut
war. Andererseits hat Schilter - oder war es ein Frankfurter Redaktor, unter Umständen
der Drucker selbst? - manchen mundartlichen Ausdruck »verdolmetscht«, d. h. in die
Sprache seiner Zeit übersetzt, was zwar den Text hier und da sprachlich glättete, aber
1. Vgl. ADB 31, S. z66ff.
2. W. Bellardi, Die Geschichte, S. 119-164.
3. W. Bellardi, Die Geschichte, S. 12.4!.