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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
Dokument 5
Brief Bucers an Ludwig Gremp
(Um den 9. April 1548)
Dr. Ludwig Gremp von Freudenstein (1509-1583), an den sich Bucer während seiner
Interims Verhandlungen in Augsburg wendete, war auf Empfehlung Jakob Sturms als
Syndikus in die städtische Verwaltung von Straßburg eingetreten1. Diese Tätigkeit
brachte ihn in zunehmendem Maße mit allen politisch-religiösen Fragen der Reichsstadt
in Beziehung. Fast auf allen Reichstagen hat er, meist zusammen mit Jakob Sturm,
Straßburg vertreten. Auch bei den Interimsverhandlungen spielte er - obwohl in Straß-
burg verblieben - eine wichtige Rolle. Wie aus einer Ratssitzung vom 5. November 1547
hervorgeht, wurden Bucer und Gremp zusammen für die Stellungnahme in der schwie-
rigen Konzilsfrage zu Rate gezogen2. Daß Bucer in den für die Stadt so entscheidenden
Ereignissen um das Interim den Rat in der Person Gremps zu unterrichten versuchte, ist
begreiflich. Um so merkwürdiger erscheint es, daß die Kontakte Bucers mit den Straß-
burger Gesandten in Augsburg so gering waren3.
Inhalt
Auch in diesem Brief, der bis auf zwei Postskripte wie ein Protokoll seiner Gespräche
mit den beiden Kurfürsten anmutet4, bezeugt Bucer seine grundsätzliche Zustimmung
zum Interimstext. Er erwähnt dabei ausdrücklich zweimal die Confessio Augustana. In
der Zusammenfassung des Inhalts des Interims beschränkt er sich auf eine globale Auf-
zählung der Themen und weiß nur zu bemängeln, daß die Lehre nicht deutlich genug
formuliert sei und Kleinigkeiten (paucula) dem Ausgangspunkt des Interimsdokuments
nicht entsprächen. Er unterscheidet zwei Teile in dem kaiserlichen Ratschlag. Der erste
behandelt die Artikel der Lehre, der zweite die der Zeremonien bei der Spendung der
Sakramente und der Gestaltung kirchlicher Gebräuche. Diese sollen nach dem Interim
wieder in den alten Zustand versetzt werden. Hier setzt die Kritik Bucers ein:
1. Riten und Zeichen dienen dazu, daß Wort und Sakrament mit größerer Frucht
(maiori cum fructu pietatis) gespendet und empfangen werden.
2. Dazu sind Freiheit und Pluriformität nötig, damit Ärgernis vermieden und Erbau-
ung gefördert wird. Wenn der Kaiser eine größere Übereinstimmung wünscht, müssen
wir ihn darum. bitten, daß er eine Synode einberuft, wie es vor Zeiten die frommen
Kaiser getan haben. Auch der Papst hat sich nach den canones zu richten. Bucer beruft
1. Zu Gremp vgl. NDB 7, S. 44h
2. »[sy] haben dfoctor] Ludwigen befolhen sich mit hem Martino Bucero zu berathschlagen«;
Pol. Cor. 4,2, Nr. 690, S. 797.
3. Am 8. April hatten Jakob Sturm und Hans von Odratzheim den Rat das letzte Mal über B.s
Tätigkeiten in Augsburg unterrichtet. A.a.O., Nr. 748, S. 905!.
4. Die Form der oratio indirecta dürfte dies bestätigen. Erst vom 1. Postskript an wird der Ton
des Briefes persönlicher. »Haec est omnis mea sapientia«, sagt B. (s. unten, S. 414). In den vorange-
henden Notizen wollte er anscheinend den Inhalt seiner Unterredung mit den Kurfürsten festlegen.
DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
Dokument 5
Brief Bucers an Ludwig Gremp
(Um den 9. April 1548)
Dr. Ludwig Gremp von Freudenstein (1509-1583), an den sich Bucer während seiner
Interims Verhandlungen in Augsburg wendete, war auf Empfehlung Jakob Sturms als
Syndikus in die städtische Verwaltung von Straßburg eingetreten1. Diese Tätigkeit
brachte ihn in zunehmendem Maße mit allen politisch-religiösen Fragen der Reichsstadt
in Beziehung. Fast auf allen Reichstagen hat er, meist zusammen mit Jakob Sturm,
Straßburg vertreten. Auch bei den Interimsverhandlungen spielte er - obwohl in Straß-
burg verblieben - eine wichtige Rolle. Wie aus einer Ratssitzung vom 5. November 1547
hervorgeht, wurden Bucer und Gremp zusammen für die Stellungnahme in der schwie-
rigen Konzilsfrage zu Rate gezogen2. Daß Bucer in den für die Stadt so entscheidenden
Ereignissen um das Interim den Rat in der Person Gremps zu unterrichten versuchte, ist
begreiflich. Um so merkwürdiger erscheint es, daß die Kontakte Bucers mit den Straß-
burger Gesandten in Augsburg so gering waren3.
Inhalt
Auch in diesem Brief, der bis auf zwei Postskripte wie ein Protokoll seiner Gespräche
mit den beiden Kurfürsten anmutet4, bezeugt Bucer seine grundsätzliche Zustimmung
zum Interimstext. Er erwähnt dabei ausdrücklich zweimal die Confessio Augustana. In
der Zusammenfassung des Inhalts des Interims beschränkt er sich auf eine globale Auf-
zählung der Themen und weiß nur zu bemängeln, daß die Lehre nicht deutlich genug
formuliert sei und Kleinigkeiten (paucula) dem Ausgangspunkt des Interimsdokuments
nicht entsprächen. Er unterscheidet zwei Teile in dem kaiserlichen Ratschlag. Der erste
behandelt die Artikel der Lehre, der zweite die der Zeremonien bei der Spendung der
Sakramente und der Gestaltung kirchlicher Gebräuche. Diese sollen nach dem Interim
wieder in den alten Zustand versetzt werden. Hier setzt die Kritik Bucers ein:
1. Riten und Zeichen dienen dazu, daß Wort und Sakrament mit größerer Frucht
(maiori cum fructu pietatis) gespendet und empfangen werden.
2. Dazu sind Freiheit und Pluriformität nötig, damit Ärgernis vermieden und Erbau-
ung gefördert wird. Wenn der Kaiser eine größere Übereinstimmung wünscht, müssen
wir ihn darum. bitten, daß er eine Synode einberuft, wie es vor Zeiten die frommen
Kaiser getan haben. Auch der Papst hat sich nach den canones zu richten. Bucer beruft
1. Zu Gremp vgl. NDB 7, S. 44h
2. »[sy] haben dfoctor] Ludwigen befolhen sich mit hem Martino Bucero zu berathschlagen«;
Pol. Cor. 4,2, Nr. 690, S. 797.
3. Am 8. April hatten Jakob Sturm und Hans von Odratzheim den Rat das letzte Mal über B.s
Tätigkeiten in Augsburg unterrichtet. A.a.O., Nr. 748, S. 905!.
4. Die Form der oratio indirecta dürfte dies bestätigen. Erst vom 1. Postskript an wird der Ton
des Briefes persönlicher. »Haec est omnis mea sapientia«, sagt B. (s. unten, S. 414). In den vorange-
henden Notizen wollte er anscheinend den Inhalt seiner Unterredung mit den Kurfürsten festlegen.