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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
Dokument 14
De proprio fidelis Christi ministri munere
(Ende Januar 1549)
Inhalt der Schrift
»Unsere Aufgabe«, so fängt Bucers Schrift an, »ist es, Christus als den wahren Heiland
zu predigen ...« Mit diesem Anfang wird die Art unseres Dokumentes bezeichnet:
Bucer versucht sich und seinen Amtsbrüdern Rechenschaft zu geben, wie das Amt der
Prediger in Hinblick auf die Drohungen der Zeit (die Einführung des Interims in Straß-
burg) zu gestalten sei. Jetzt komme es darauf an, für seine Glaubensüberzeugung einzu-
treten. Dieses Bekenntnis führt zum Heil. Es gibt keinen anderen Weg.
Zur Gliederung seines Rechenschaftsberichtes bedient sich Bucer einer Reihe von
Fragen1, die er über vier Paragraphen verteilt. Allerdings geht er nicht konsequent
dieser Aufteilung entsprechend vor: der Inhalt des evangelischen Glaubensbekenntnis-
ses wie auch die Confessio papae et suorum werden von ihm unter dem Abschnitt ubi,
quando eingeordnet. Die beiden ersten Paragraphen bilden den ersten dogmatischen
Teil seines Gutachtens. In sechs Punkten faßt Bucer - bemerkenswert knapp - den
Inhalt des evangelischen Glaubens zusammen. Von ihm aus kritisiert er in zwölf Punk-
ten den Glaubensinhalt des Interimstextes, allerdings zu knapp, um diesen Abschnitt
auch nur als Auszug des kaiserlichen Ratschlags bezeichnen zu können. Der im Ver-
gleich mit den Formulierungen seines Augsburger Aufenthaltes völlig andere Ton ist
hier unüberhörbar2. Der Abschnitt cor am quibus leitet zu dem zweiten großen Teil
dieses Dokumentes über, der durch die Bucerschen Paragraphen 3 (quo Studio) und 4
{argumenta contra) gebildet wird. Es ist ein bewegter Appell, dem evangelischen Glau-
ben die Treue zu halten und dafür offen und mit allen Kräften einzutreten. In den argu-
menta contra rechnet Bucer mit allen denkbaren Einwänden ab, die die Pflicht des
christlichen Glaubenszeugnisses gerade in Hinblick auf die bedrohte Lage der Straßbur-
ger Kirche zu entkräften versuchen. Dadurch wird dieser Teil und in gewissem Maße
der ganze Ratschlag Bucers eine Handreichung zum Widerstand und ein Widerstands-
dokument.
Die Handschriften
Konzept Bucers in AST 39 (20,2), Nr. 14a, S. 309-322 (= K). Reinschrift von Martin
Brem in AST 39 (20,2), Nr. 14b, S. 323-330 (= R).
Der ursprüngliche Titel von Brems Hand lautete: >De proprio fidelis Christi ministri
munere / De vera ac constanti christianae doctrinae / fidei confessione, [add. omni] pio
ac fideli Christi / ministro, in ista [add. periculosissima] Ecclesiarum perturba / tione
[add. cognitu] in primis neces / saria /MB breve consilium<. Dieser Titel wurde dann
1. Vgl. zu diesem Verfahren auch Erasmus: Methodus {Holbom, S. 158, Z. 22f.).
2. Vgl. mit.dieser Kritik B.s an dem Interimstext z. B. seine entsprechenden Formulierungen in
den Briefen an Pflug und Cruciger (s. oben, S. 4ooff. 423!!.).
DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
Dokument 14
De proprio fidelis Christi ministri munere
(Ende Januar 1549)
Inhalt der Schrift
»Unsere Aufgabe«, so fängt Bucers Schrift an, »ist es, Christus als den wahren Heiland
zu predigen ...« Mit diesem Anfang wird die Art unseres Dokumentes bezeichnet:
Bucer versucht sich und seinen Amtsbrüdern Rechenschaft zu geben, wie das Amt der
Prediger in Hinblick auf die Drohungen der Zeit (die Einführung des Interims in Straß-
burg) zu gestalten sei. Jetzt komme es darauf an, für seine Glaubensüberzeugung einzu-
treten. Dieses Bekenntnis führt zum Heil. Es gibt keinen anderen Weg.
Zur Gliederung seines Rechenschaftsberichtes bedient sich Bucer einer Reihe von
Fragen1, die er über vier Paragraphen verteilt. Allerdings geht er nicht konsequent
dieser Aufteilung entsprechend vor: der Inhalt des evangelischen Glaubensbekenntnis-
ses wie auch die Confessio papae et suorum werden von ihm unter dem Abschnitt ubi,
quando eingeordnet. Die beiden ersten Paragraphen bilden den ersten dogmatischen
Teil seines Gutachtens. In sechs Punkten faßt Bucer - bemerkenswert knapp - den
Inhalt des evangelischen Glaubens zusammen. Von ihm aus kritisiert er in zwölf Punk-
ten den Glaubensinhalt des Interimstextes, allerdings zu knapp, um diesen Abschnitt
auch nur als Auszug des kaiserlichen Ratschlags bezeichnen zu können. Der im Ver-
gleich mit den Formulierungen seines Augsburger Aufenthaltes völlig andere Ton ist
hier unüberhörbar2. Der Abschnitt cor am quibus leitet zu dem zweiten großen Teil
dieses Dokumentes über, der durch die Bucerschen Paragraphen 3 (quo Studio) und 4
{argumenta contra) gebildet wird. Es ist ein bewegter Appell, dem evangelischen Glau-
ben die Treue zu halten und dafür offen und mit allen Kräften einzutreten. In den argu-
menta contra rechnet Bucer mit allen denkbaren Einwänden ab, die die Pflicht des
christlichen Glaubenszeugnisses gerade in Hinblick auf die bedrohte Lage der Straßbur-
ger Kirche zu entkräften versuchen. Dadurch wird dieser Teil und in gewissem Maße
der ganze Ratschlag Bucers eine Handreichung zum Widerstand und ein Widerstands-
dokument.
Die Handschriften
Konzept Bucers in AST 39 (20,2), Nr. 14a, S. 309-322 (= K). Reinschrift von Martin
Brem in AST 39 (20,2), Nr. 14b, S. 323-330 (= R).
Der ursprüngliche Titel von Brems Hand lautete: >De proprio fidelis Christi ministri
munere / De vera ac constanti christianae doctrinae / fidei confessione, [add. omni] pio
ac fideli Christi / ministro, in ista [add. periculosissima] Ecclesiarum perturba / tione
[add. cognitu] in primis neces / saria /MB breve consilium<. Dieser Titel wurde dann
1. Vgl. zu diesem Verfahren auch Erasmus: Methodus {Holbom, S. 158, Z. 22f.).
2. Vgl. mit.dieser Kritik B.s an dem Interimstext z. B. seine entsprechenden Formulierungen in
den Briefen an Pflug und Cruciger (s. oben, S. 4ooff. 423!!.).