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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0426
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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

422
Dokument 7
Brief Bucers an Julius Pflug
(13. April 1548)
Anlaß und Inhalt des Briefes
Am Anfang seines Briefes an Julius Pflug begründet Bucer, warum er aus der kurfürstli-
chen Herberge in Augsburg dem Naumburger Bischof schreibt1. Er will den Verdacht
zurückweisen, er wolle dem Werk der Wiedervereinigung der Kirchen entgegenarbei-
ten. Einen anderen wichtigen Grund erfahren wir aus Bucers Schreiben an Caspar
Cruciger: »videor subodorari dominum Julium Nonburgensem episcopum . . .«2 Der
Straßburger war sich darüber im klaren, daß Pflug einer der auctores des Interims war.
In erster Linie aber ist Bucers Brief an Pflug als Verteidigungsschrift gedacht. In seiner
Enttäuschung über das >Briefmemorandum< vom 4. April hatte der Kaiser Bucer den
Vorwurf gemacht, daß dieser die Wiedervereinigung der Kirchen nicht wolle. Karl V.
hatte wohl Bucers Memorandum zum Interim weitergeleitet. In seinem Brief an den
Naumburger Bischof lehnt Bucer den kaiserlichen Vorwurf kategorisch ab. In wenigen
Zeilen versucht er den Inhalt des Interims positiv zu bewerten und knapp zusammenzu-
fassen, um dann die rhetorische Frage zu stellen, wie er wohl so etwas über den Haufen
werfen könne. Seine Kritik gelte nur den Formulierungen und Riten; er befürchtet, daß
sie dem Licht und der Kraft des Evangeliums im Wege stehen. Dabei habe er sich an die
Hauptsachen gehalten und sei nicht kleinlich genau vorgegangen. In diesen entscheiden-
den Fragen solle man die göttliche Wahrheit allen menschlichen Gesetzen und Einrich-
tungen vorziehen. Gerade zu dem Hauptpunkt der Lehre von der Rechtfertigung und
der guten Werke habe er nur Kleinigkeiten (paucula) kritisiert, er zweifele nicht daran,
daß dies mit der Glaubensüberzeugung Pflugs übereinstimme.
Auf diese Weise kommentiert Bucer kritisch noch einmal fast alle Artikel des Inte-
rims, wenn auch in anderer Reihenfolge. Sein Brief wird zu einem Gutachten und kann
in gewissem Maße als Kurzfassung des >Briefmemorandums< betrachtet werden. Alle
seine kritischen Bemerkungen, so faßt der Straßburger (f. 45 b) die Bedeutung der Zere-
monien zusammen, sollen im Lichte der Rechtfertigungslehre und des rechten Ge-
brauchs der Sakramente ausgelegt und durch diese korrigiert werden. Eindrücklich und
ausführlich bringt er seine Hauptsorge zum Ausdruck, die der Wiedereinführung der
Zeremonien gilt. In gedanklicher Parallelität zu seinem dritten Brief an die Kurfürsten3
1. tanquam voluerim illis meis responsis totum reconciliationis ecclesiarum concilium, in eo libro
propositum, plane evertere. S. unten, S. 424.
2. S. oben, S. 400. - Tatsächlich hat Pflug für das Zustandekommen des Interimstextes eine
beachdiche Rolle gespielt. Vgl. St. Skalweit: Reich und Reformation. Berlin 1967. S. 350. Mögli-
cherweise ist das Memorandum von Pflug/Helding aus dem Jahre 1546 als erster Entwurf zum Text
anzusehen. Vgl. ARC 6, Nr. 15, S. 185-255 und Pollet, Pflug 3, S. 49-55. Auch Beutel, Ursprung,
S. 6<A- hebt die Autorschaft Pflugs stark hervor. Vgl. auch »die Vergleichung zwischen Liber
Ratisponensis, Formula und Interim«, a.a.O., S. 117-123.
3. Brief an die beiden Kurfürsten vom 10. April 1548,!. 147a, sub. 4. Vgl. dazu die Einleitung auf
S. 417.
 
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