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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
nicht immer die originale Bedeutung traf. Deshalb muß es nun unsere Aufgabe sein,
wenn wir versuchen, den originalen Text Bucers wiederherzustellen, jeweils zu fragen,
welcher der beiden Textformen der Vorzug zu geben sei4. Alle wesentlichen Varianten
sind unter den genannten Sigeln L (Lenglins Text) und S (Schilters Text) im Apparat 1
notiert worden. Erscheint also im Apparat eine Lesart S, so ist für den Text die Lenglin-
sche Version als die ursprünglichere Lesart gewählt worden und umgekehrt. Der er-
wähnte Zweitdruck von 1692 konnte dabei unberücksichtigt bleiben, da er lediglich den
Text des Erstdruckes von 1691 noch weitgehender modernisiert.
Auf eine ausführliche Inhaltsangabe des Bedachtes von 1547 kann verzichtet werden,
da sie dem zitierten Neudruck von 1934 vorangestellt ist5. Ebenso ist zum geschichtli-
chen Zusammenhang, in den diese Schrift Bucers einzuordnen ist, im Text der Bellardi-
schen Untersuchung alles Wesentliche gesagt6. Die Bedeutung der Denkschrift liegt
darin, daß Bucer sich in ihr mit 12 Einwänden gegen die Einrichtung von »Christlichen
Gemeinschaften« in den Parochien auseinandersetzt und schließlich in sechs Abschnit-
ten Regeln für die praktische Durchführung aufstellt7.
Die Gliederung der Schrift, die, wie gesagt, an eine Ratskommission gerichtet ist, legt
die Vermutung nahe, sie könnte die Antwort auf konkret formulierte Einwände gegen
die Pläne Bucers und seiner Freunde sein. Bucer hätte sich dann mit dieser Schrift zwölf
Argumenten der Ratsseite gestellt und in einem letzten Teil seine eigenen Wünsche und
Erwartungen vorgetragen. Leider findet sich im Schrifttum jenes November 1547 kein
Anhaltspunkt für diese Vermutung. Wir kennen die Einwände gegen das Unternehmen
der »Christlichen Gemeinschaft«, die mehr noch im Rat als unter den dissentierenden
Predigern vertreten wurden, auch in anderen Handschriften dieses Jahres, wenn auch
nicht in dieser Konzentration. Dieser Bedacht ist sine ira et Studio verfaßt, was sich
nicht von allen Schriften zu unserer Frage sagen läßt. Aber gerade durch seine Sachlich-
keit wird er zu einem bedeutsamen Dokument. Ein Vergleich mit der ersten uns be-
kannten Denkschrift zur Bildung von »Christlichen Gemeinschaften« (»Von der Kir-
chen mengel vnnd fähl« - s. oben S. 15 6 ff.) macht deutlich, wieviel von den Hoffnun-
gen und Forderungen der Straßburger Prediger in diesen zwei Jahren nicht in Erfüllung
gegangen ist.
4. Zur methodischen Begründung vgl. W. Bellardi, Die Geschichte, S. 1230.
5. Inhaltsangabe ebenda, S. I2iff.
6. Geschichtlicher Zusammenhang ebenda, S. 52H.
7. Zu berichtigen ist die Angabe Adam, Inventaire, Sp. 264/265: dort ist die vorliegende Hand-
schrift unter Ziffer 9c, yd und ye aufgeteilt, obwohl <)d und 9e lediglich Unterabschnitte der Hs.
sind. Sowohl 9 a als auch 9 b, ferner yf/g sind drei verschiedene Handschriften aus verschiedenen
Phasen der Auseinandersetzungen zwischen den Predigern und dem Rat. - Zu korrigieren wäre
ferner: Bibi. Nr. 96c ist der oben zitierte Druck von 1934 (Bellardi), hat aber mit 96 (>Ein Summa-
rischer vergriff< von 1548) nichts zu tun. Deshalb müßte die jetzige Nr. 149 eine eigene Nummer
zwischen 96 und 97 erhalten, und die jetzigen Nummern 150 und 96c wären hinter dieser neuen
Nummer als a und b einzuordnen.
DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
nicht immer die originale Bedeutung traf. Deshalb muß es nun unsere Aufgabe sein,
wenn wir versuchen, den originalen Text Bucers wiederherzustellen, jeweils zu fragen,
welcher der beiden Textformen der Vorzug zu geben sei4. Alle wesentlichen Varianten
sind unter den genannten Sigeln L (Lenglins Text) und S (Schilters Text) im Apparat 1
notiert worden. Erscheint also im Apparat eine Lesart S, so ist für den Text die Lenglin-
sche Version als die ursprünglichere Lesart gewählt worden und umgekehrt. Der er-
wähnte Zweitdruck von 1692 konnte dabei unberücksichtigt bleiben, da er lediglich den
Text des Erstdruckes von 1691 noch weitgehender modernisiert.
Auf eine ausführliche Inhaltsangabe des Bedachtes von 1547 kann verzichtet werden,
da sie dem zitierten Neudruck von 1934 vorangestellt ist5. Ebenso ist zum geschichtli-
chen Zusammenhang, in den diese Schrift Bucers einzuordnen ist, im Text der Bellardi-
schen Untersuchung alles Wesentliche gesagt6. Die Bedeutung der Denkschrift liegt
darin, daß Bucer sich in ihr mit 12 Einwänden gegen die Einrichtung von »Christlichen
Gemeinschaften« in den Parochien auseinandersetzt und schließlich in sechs Abschnit-
ten Regeln für die praktische Durchführung aufstellt7.
Die Gliederung der Schrift, die, wie gesagt, an eine Ratskommission gerichtet ist, legt
die Vermutung nahe, sie könnte die Antwort auf konkret formulierte Einwände gegen
die Pläne Bucers und seiner Freunde sein. Bucer hätte sich dann mit dieser Schrift zwölf
Argumenten der Ratsseite gestellt und in einem letzten Teil seine eigenen Wünsche und
Erwartungen vorgetragen. Leider findet sich im Schrifttum jenes November 1547 kein
Anhaltspunkt für diese Vermutung. Wir kennen die Einwände gegen das Unternehmen
der »Christlichen Gemeinschaft«, die mehr noch im Rat als unter den dissentierenden
Predigern vertreten wurden, auch in anderen Handschriften dieses Jahres, wenn auch
nicht in dieser Konzentration. Dieser Bedacht ist sine ira et Studio verfaßt, was sich
nicht von allen Schriften zu unserer Frage sagen läßt. Aber gerade durch seine Sachlich-
keit wird er zu einem bedeutsamen Dokument. Ein Vergleich mit der ersten uns be-
kannten Denkschrift zur Bildung von »Christlichen Gemeinschaften« (»Von der Kir-
chen mengel vnnd fähl« - s. oben S. 15 6 ff.) macht deutlich, wieviel von den Hoffnun-
gen und Forderungen der Straßburger Prediger in diesen zwei Jahren nicht in Erfüllung
gegangen ist.
4. Zur methodischen Begründung vgl. W. Bellardi, Die Geschichte, S. 1230.
5. Inhaltsangabe ebenda, S. I2iff.
6. Geschichtlicher Zusammenhang ebenda, S. 52H.
7. Zu berichtigen ist die Angabe Adam, Inventaire, Sp. 264/265: dort ist die vorliegende Hand-
schrift unter Ziffer 9c, yd und ye aufgeteilt, obwohl <)d und 9e lediglich Unterabschnitte der Hs.
sind. Sowohl 9 a als auch 9 b, ferner yf/g sind drei verschiedene Handschriften aus verschiedenen
Phasen der Auseinandersetzungen zwischen den Predigern und dem Rat. - Zu korrigieren wäre
ferner: Bibi. Nr. 96c ist der oben zitierte Druck von 1934 (Bellardi), hat aber mit 96 (>Ein Summa-
rischer vergriff< von 1548) nichts zu tun. Deshalb müßte die jetzige Nr. 149 eine eigene Nummer
zwischen 96 und 97 erhalten, und die jetzigen Nummern 150 und 96c wären hinter dieser neuen
Nummer als a und b einzuordnen.