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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0077
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DER CXX. PSALM

73

Wiewol ich dem Herren das zu seinem preis auch zu vergehen108 habe, das ich in den
hauptstucken christlicher religion uff seinem wort und eben in der lehre nun fünffund-
zwentzig jare bestanden bin und noch bestände, die mir der Herre im anfang hat zu
erkennen gegeben. Wie steht aber dise klag gegen mir dem an, der aus grosser bestendig-
5 keit vom h. Evangelio Christi wider ins Papst grewel gefallen ist und widerfichtet nun
und lesteret so grewlich, das er zuvor so vil jare selb geleret und geprediget hat109?
Fil Stet erzelet110 diser Lesterer, die mein nicht mer wissen wollen. Gott seie aber
lob, das ich auch mit schrifften das widerspil kan darthün und in erweisen, das er in dem
die offenbare onwarheit wider solche Stet und mich erdichtet. Aber waz der arme
io Schandtichter hat erdencken mögen, daz er, mich zu lesteren, im hat dienstlich geach-
tet, das hat er dahin geschriben; geb111, wie offenbar ein jeder sehen und greiffen möge,
das es lauter neid und hassgedicht sind eines ehrlosen lotterbuben und schandvogels.
ZUm zehenden112: damit er aber kein läster überal umbgienge, das er mir nit uffliege,
so leugt er auch uff mich jungfraw sehenden und Ehebruch, die ich zum theil solle selb
15 von mir bekant haben, zum theil daran ergriffen, zum theil von einem armen döchter-
lin von mir ausgegeben sein. Dem herren seie aber lob, der mich auch in meiner juget
vor onzucht also behütet hat, das ich des onverdacht und mit guter zeugnüs meins
lebens bin von meinen Ordensleuten körnen, das noch fil ehrlich- | H 3 b | er leut wol
wissen. So hab ich mich auch in meiner Ehe und dienst des h. Evangeli also gehalten, das
20 mir, die umb mich gewöhnet und meines thüns mögen ein wissen haben, aller christli-
chen zücht völlige zeugnüs geben.
Nun aber diser Schandtichter von seinem armen töchterlin, das in ein verrucht leben
gerathen, wie er schreibt - dann von solchen zeugen sollen diese alte theologen und
bischove zeugnüs nemen wider die bekenner des h. Evangelii so eigentlich113 die zeit,
25 namen und andere umbstende hat erfaren konden, warumb hat er von ir nicht auch
erfaren, wie doch derselbig mein famulus114 geheissen habe, der das kind, so mir zü-
gehöret, von mir habe abgenommen115, wa und bei welchen leuthen sie des kinds

108. Bekennen, dankbar bezeugen. Lexer Sp. 137!.
109. An dieser Stelle schon (mehr noch unten auf f. I 4a; vgl. Anm. 157) wird es deutlich: B.
weiß, wer der Verfasser der >Abconterfeytung< ist. Es ist der »Suffraganeus Engentinus« An ton
Engelbrecht. Vgl. die Einleitung und den dort gegebenen Hinweis auf den Brief B.s an Philipp von
Hessen vom 8. Mai 1546 (Leraz 2, S. 429!.), ferner W. Bellardi, Anton Engelbrecht, S. 202.
110. Zählt auf.
111. Gleichviel, jedenfalls. Götze, S. 110.
112. Von erdichter onzucht wider Bucerum. [Marg.J.
113. Genau. Götze, S. 60.
114. Ursprünglicher Diener, dann Diaconus, Schüler, Helfer. In der >Abconterfeytung< nimmt
der Bericht »von Butzers ehbruch« einen breiten Raum ein (f. Dia; CCath 31, 1974, S. 72ff.). Das
Regest K. Huberts (AST 176 - Var. eccl. X - hinter f. 449; abgedruckt als Beilage 2 zur krit. Aus-
gabe der >Abconterfeytung< in CCath 31, S. io2ff.) nennt den Namen des Famulus: Simon. Damit
könnte Simon Lithonius (Steiner) aus dem Wallis gemeint sein (vgl. Handschriftenproben 2, S. 68;
Täuferakten 8, S. 210, Anm. 2 und S. 120), der in dieser Zeit bei B. arbeitete. Die Geschichte von
der untergeschobenen Vaterschaft klingt wenig glaubwürdig, und B.s Antwort fällt entsprechend
deutlich aus.
115. Weggenommen, entlastet von. Lexer 1, Sp. 4.
 
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