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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0169
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i. VON DER KIRCHEN MENGEL VNND FÄHL

165
schrifft das Euangelium rein, hell vnd klar, seid vns Gott zu desselbigen wahren er-
kandtnuß gebracht hatt, verkundigett, Wie sollichs gnügsam betzeugen vnsere schriff-
ten, dißer Sachen halb inerthalb vier vnd zwentzig jaren außgangen38, sonderlich aber
vnsere bekantnuß des glaubens sampt angehengkter Apologia, dem keyser vnd allen
5 stenden des Reichs zu Augspurg öffentlich vbergebenn39, | [a 5 a] | Auff welche wir,
souil vnser buecher, glauben vnnd gantze lehr betrifft, vns allwegen referiert vnnd
bewisen haben wollen, Nach welcher wir auch mennigklich rechenschafft, red vnnd
antwort geben wollen, wie denn auch bißher geschehen, vnnd aber40 mitt der warheit
noch nie jrrig erfunden oder sünst widerleget worden.
10 Dieweil es aber nit allein an dem gelegen, das das wort trewlich geprediget werde,
sonder am aller meysten darumb züthün, das die leuth jhr gantzes leben ihm gemäs
anrichten, dann nicht die zühörer des worts, sonder die thädter selig werden41, Darumb
dann auch Christus spricht Mathei am letsten [28,20]: leret sie halten alles, was ich euch
hefolhenn habe, das also die leuth durch solche predig nach erkandtnüs jrer schweren
15 vnnd verderplichen sunden bewegt wurden, sich von hertzen zu Gott dem herren zu
bekeeren, Vergebung der sunden vmb Christus willen suchen vnnd ein recht bußfertiges
leben mitt allerley fruchten gütther Christlicher tugenden antretten, So befindt sich
leider, das in disem ersten puncten Erschrockenlicher großer mangel vnd fähl ist vnnd
der mehrer vnnd größer theil, von dem man doch trauben vnnd guthe heilige frucht
2.0 erwartet, Winterling42, vnd vntuchtige43 frucht furbringett. Denn wie man sich dem
Euangelio gmeßk gehakten habe vnd noch haltte, zeigen gnügsam an die mancherley
Rotten vnnd secten, jnn die sich das volck gespalten vnd theilet hatt. Dann wie vil sindt
noch deren jnn vnser Stadt, die noch den erschreckenlichen jrthumben des Bapstumbs
anhangen, dieselbigenn verthädigen vnnd sich von vnsern kirchenn, mitt großer Erger-
2.5 nuß44 der guthertzigen, gantz vnnd gar absündern vnd vnder jhnen selbs sonderliche
Conuenticula vnnd versamlungen haltten, andere zu sich ziehen, souil jnnen jmmer
muglich, die dann auch von jhnnen lernen, vnserer lehr feind sein, sie zülestern vnnd
widersprechen. Welches alles souil dester vnbillicher von jhnen beschichtt, Dieweil
jhrer das mehr teyl geistliche personen sein solten vnd des Patrimonij Christi vnnd der
30 kirchen guetther geleben. Darumb sy dann auch billich, | [a 5 b] | Wo sie mitt jrem
dienst der kirchen züdienen nit vormöchten, doch zum minsten45 gegen der selbigen
k) gestr.: hoch; add. am Rand: gmeß.
38. Diese Angabe ist wichtig für die Datierung der Hs. Dabei ist zu beachten, daß hier von den
ersten Reformationsschriften, nicht den ersten evangelischen Predigten die Rede ist. Vgl. dazu die
Einleitung: Datierung der Hs.
39. Hier wie auch an anderen Stellen der Hs. mag man zunächst an die Tetrapolitana denken.
Wahrscheinlicher aber ist es, daß die Confessio Augustana (und ihre Apologie) gemeint ist. Über
das Zurücktreten der Tetrapolitana als Stadtbekenntnis hinter die Augustana vgl. BDS 3, S. 23ff.
(dort auch Literatur zu dieser Frage).
40. Jedoch.
41. Vgl. Ro 2,13; Jak 1,22.25.
42. Unreife Früchte (Herling, Herbling), Wildwuchs.
43. Unbrauchbare, unzureichende.
44. Anstoß.
45. Zum mindesten, wenigstens.
 
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