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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0206
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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

| [5 a] | Zum Sechsten hatt auch die vbertrettung des sibenden gepotts mit allerley
vnzucht als voltrincken, mutwilligen37 zechen, Spielen vnnd hurerey gar erschrecklich
vberhand genommen vnnd zu dieser zeit vnser schweren Züchtigung meer, dann so lang
man das Euangelj hie geprediget hat. Dann seyther freylich niemand ie gesehen, das der
schendtlichen verruchtisten metzen38 so fil also öffentlichen, die arme juget zuuerder- 5
ben, hin vnd her gelauffen, vnnd zur schänd one schewe39 angereytzet hetten jn vnnd
vor der Stadt. Jn dem wollen E. G. Gottes erschreckliches trawen40 vnnd aller erbarkeit
ernstliches klagen, vnnd das durch dise schandtliche vnfletter41 so fil junger knaben
vnnd töchter vffs schwerlichest verergeret42 werdenn, zu hertzen furen vnd disen grewel
mit warem vnnd thettlichen ernst begegnen vnnd da mit dem vntreglichen zorn Gottes 10
von der gantzen Stadt, vber die er sonst gentzlich anbrennet, abwenden. Dann wann die
schäme vnnd straff43 dieses vnnd anderer läster verteilet44, So greiffet Gott selb zu mit
den eusseristen plagen seines zorns, wie er an Sodoma vnnd Gomorrha vnnd an dem
volck Jsrael vnd seinen fürsten bewisen hatt, als sie mit den Midianiter- | [5 bj | en
gehuret hatten, da vom volck vier vnd zwentzig tausent fielen vnnd man die fürsten des 15
volcks hencken muste, jm 4. buch Mose 25 [1-5]. Item an den Beniamiteren, von wel-
chen derhalben funff vnd zwentzig tausent streitbarer man vnnd dann auch alle jr viehe
vnnd leuth durchs schwerdt vmbkamen vnnd jre Stett verbrennet wurden, das von dem
gantzen Stammen allein sechßhundert man jm leben bleiben45 Judicorum 20 [46-48].
Vnnd dweil diß vnnd alle fleischliche läster bey dem gemeinen vngotsforchtigen 20
hauffen nit mögen anders dann mit ernster vnd vnnachleßiger straffen abgetrieben46
werden vnnd aber auch gewiß ist, wann man disen lästeren mit beharrendem ernst vnnd
straffen begegnet, das man sie durch gottes hilff wol abtreyben kan, wie man deß gute
exempel hatt jm alten volck Gottes, welches in so grosser anzall war vnnd möchte
dennoch, wenn es rechte gottsforchtige obren hatt, jn solicher zücht erhalten werden, 25
das vnder jn keine vnzuchtige weiber geduldet wurden, dahin mans auch zu dieser zeit
in fil Euangelischen Stetten gepracht hatt.
Vnnd47 hie wolle Gott verhieten, das nit iemandt | [6 a] | die teufflische klugheit
ettlicher Epicurer48 bewege, die noch gern wolten die schandtschulen, gemeine frawen
37. Übermütiges, maßloses.
38. Dirnen.
39. Schamlosigkeit.
40. Drohen.
41. Scheusale, wörtl.: Verunreinigen
42. Aufs schwerste belastet, wörtl.: böse gemacht werden.
43. Ächtung und Bestrafung.
- 44. Ausfallen, nicht durchgeführt werden.
45. Blieben. Entweder Verschreibung >ei< statt >ie< oder Unsicherheit in der Bildung der ablau-
tenden Präteritalform, bedingt durch Lautwandel.
46. Beseitigt, erfolgreich bekämpft.
47. Dieser Abschnitt (»Vnnd ... wurdt«) findet sich in einer späten Abschrift von der Hand des
Archivars Wencker in AST 176 (Var. eccl. XI), f. 434b und wurde als Anhang zu >Vom mangel der
Religion ...< in BDS 4, S. 463!. veröffentlicht und kommentiert.
48. Polemischer Sammelbegriff für humanistische Rationalisten, die auch in den Kreisen des
Rates und der Lehrerschaft zu finden waren. Vgl. Adam, S. 204; W. Bellardi, Anton Engelbrecht,
S. 191, Anm. 25.
 
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