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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0368
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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

Churfl. gn. werden gnedigst von mir verstehen, do jch mich hin vnd wider jn vorgeb-
ner18 schrifften sorgfeltig19 erzeige. Die lehre Gottes mag vberall kein eynmischung
menschlicher Weisheit leiden. So ist es mit den eußern | [14] | Ceremonien in Verbesse-
rung der Religion so ein gefehrlich mißlich ding, das sich auch der H. Petrus darin
schwerlich gestossenn hat20. Mir zweiffelt nit, die Herrn, die diese Schriftenn gestehet, 5
gemeinens christlich vnnd suchen frieden der kirchenn. Noch sind die Sachen soe hoch
vnnd wichtig, die Zeiten auch so gefehrlich vnnd die gewissen der gläubigen in so man-
cherley anfechten, das mir, warlich einem so geringen begabten menschen, zu diesen
sachenn billich solle angst vnnd pang sein, was jch anworte, Auch allein für mein person
vnnd für diese zeit, wie jch auch billich, diß mein antwort solle gern verbessern, wo jch 10
von yemandt erinnert werde, daß jch jm etwan zuuiel ader zu wenig hette gethan. Diß
alles wollen E. Churfl. gn. vmb vnsers lieben Hern willenn christlich vnnd gnedigst von
mir verstohn vnnd bewegenn21.
Nachdem dann E. Churfl. gn. gnedigst fordern an mich, jch solte furgegebnen
Schrifftenn, souiel jch gewissens halbenn möchte, zustimmen vnnd darin nichts, dan 15
was von nötten zu bessemn, anregen ader genawe suchen22, Dann die sachenn also stun-
den, das gentzlich zuuerhoffen, das durch das mittel die Christliche lehre vonn der
Justification, darann alles gelegen, vnd rechter gebrauch der H. Sacramenten zu treffli-
chenn23 vielen landen vnnd kirchenn kommen solte, da mans bißher hettef vnmuglich
| [15] | geachtet, So will jch auch warlich nichts genaw ersuchen24 vnnd allein die ding 20
anregen, die gewissens halbenn nit sind zu vmbgohn. Der hoffnung, dieweil doch die
heilig schriefft wie aller anderen also auch dießer Schrifftenn Regel pleibet vnnd mein
anthworten, one das niemand solle praeiudiciren25, es solle diese meine vnderthenigste
gehorsame, die E. Churfl. gn. jch jm hem zuleisten begere, niemand verergern, wo sie
e) gestr.: groß.
f) add. über der Zeile.
18. Vorgelegter (zugleich: giftiger, gefährlicher - vgl. Götze, S. 77).
19. Besorgt.
2.0. Gal 2,11 ff.
21. Vgl. >Ein kurtzer bericht<, f. 2a; s. Einleitung.
22. Anzuregen zu verbessern oder genau zu nehmen. Die Kurfürsten hatten B.s Zustimmung
gefordert oder doch wenigstens Großzügigkeit in der theologischen Beurteilung verlangt, als sie
ihm den Text übergaben, den sie Mitte März vom Kaiser erhalten hatten. Das kennzeichnet die
Ausgangslage B.s. Der Hinweis darauf, daß im Interim die Lehre von der Rechtfertigung im Sinne
des Gesprächsergebnisses von Regensburg (1541) gefaßt, der Laienkelch bewilligt worden sei und
die bereits geschlossenen Priesterehen anerkannt werden sollten, mußte nach den Ereignissen der
Jahre 1546 und 1547 in B. Hoffnungen erwecken. Dabei ist zu beachten, daß B. in den Augsburger
Tagen die kaiserliche >Propositio< zum Interim noch nicht kannte, in der dann der Unterschied
gemacht wurde zwischen den »stennden, so bißher die Ordnungen vnd Satzungen gemeiner christli-
chen kirchen gehalten« und den »anderen stennden, so newerung furgenomen«. Gegen diese diffa-
mierende Zweiteilung richteten sich alle uns aus späteren Tagen bekannten Gutachten und Memo-
randen zum Interim. Daß die >Propositio< hier noch nicht erwähnt wird, schützt unsere Datierung
des >Briefmemorandums< auf den 4. April.
23. Besonders, außerordentlich.
24. Zu genau nehmen, kleinlich sein.
25. Präjudizieren = die Entscheidung vorwegnehmen.
 
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