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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 2): Schriften der Jahre 1524 - 1528 — Gütersloh, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.29139#0307
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SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528

Unionstendenz vorherrscht, hätte auch nicht zu der gemeinsamen
Antwort Zwinglis und Oekolampads gepaßt, in der das Streben nach
Einheit zwar zum Ausdruck kommt, aber doch nur am Rande steht 35.
Wenn Zwingli und Oekolampad auch auf die Unionsgedanken in
Luthers Buch hinweisen, so geht dies - wie wir sahen - auf Bucer
zurück. Oekolampad fürchtet denn auch, bei Luther werde der Begriff
der unio sacramentalis »einen anderen Verstand« haben. Er ermahnt
Bucer, in seinem Dialogus nichts Trennendes zu verheimlichen 36. Dem
Baseler ist die Straßburger Vermittlungstendenz also genau bekannt.
Sie ist auch der Hauptgrund, daß Bucer zur Feder gegriffen hat. An
Ambrosius Blaurer schreibt Bucer: Pro concordia in causa eucharistiae
scripsi 37. Darin unterscheidet sich sein Buch von dem Zwinglis und
Oekolampads.

Bucer hat seine Schrift in der Form eines »Dialogus, das ist ein
freundlich Gespräch « - wie der Titel besagt - verfaßt. Diese Gesprächs-
form erinnert an den Abschnitt »Inquisitio de fide« in den Colloquia
familiaria des Erasmus von Rotterdam aus dem Jahre 1524 der einen
Dialog zwischen Aulus und Barbatius, einem Altgläubigen und einem
Neugläubigen, enthält 38. Einen ähnlichen Dialog, der auch die Wieder-
herstellung der kirchlichen Einheit bezweckt, entwirft Erasmus 1523.
Drei Gesprächspartner sollen hier auftreten: Throsymachus spricht für
Luther, Eubulus für die römische Kirche, Philalethus ist Schiedsrichter
zwischen beiden 39. An diese literarische Form des Unionsdialogs knüpft
Bucer an.

Seine Gesprächspartner heißen Arbogast und Sebolt. Jener vertritt
die zwinglische Lehre, dieser die lutherische. Erwartungsgemäß domi-
niert Arbogast im Gespräch, denn hinter diesem Namen verbirgt sich
Bucer selbst. Er hat die besseren Argumente und ist auch gelehrter als
Sebolt. Beide sind Kaufleute. Sebolt ist gerade auf dem Wege nach
Lyon; seine Heimatstadt ist Nürnberg. Bucer erhält dadurch Gelegen-
heit, das Verbot zwinglischer Bücher in Nürnberg zu erörtern. Im
Gespräch erfährt man, daß Arbogast die Hohe Schule besucht und vor
kurzem Griechisch gelernt hat. Er hat sich nun verstärkt dem Studium
theologischer Fragen zugewandt. Sebolt stellt fest, daß in seinem
Zimmer die kaufmännischen Bücher einer theologischen Bücherei
Platz gemacht haben. Das Gespräch beginnt damit, daß Arbogast, der

35. Vgl. Köhler I, S. 681ff.

36. Vgl. CR 96, Zw 9, S. 494.

37. Vgl. Schiess I, S. 166; Enders 6, S. 314.

38. Vgl. Inquisitio de fide. A Colloquy by Desiderius Erasmus Roterodamus 1524, ed.
Craig R. Thompson. Yale Studies in Religion XV. New Haven 1950.

39. Vgl. F. W. Kantzenbach: Das Ringen um die Einheit der Kirche im Jahrhundert
der Reformation. Stuttgart 1957. S. 61ff., 70, Anm. 28.
 
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